Abschrift
Es gab Lager, da wurde wirklich gefragt: ´Wohin wollen sie entlassen werden?`. Auch die Bürger der DDR wurden gefragt. Die Russen haben das anstandslos zur Kenntnis genommen, wenn einer nach West-Deutschland wollte. So wurde der Transport auch zusammengestellt. Bei uns war das ganz anders. Es war so ungefähr im Mai: Eine Baracke wurde geräumt, nach dem Alphabet wurden die Leute geholt. ´B` ist ja ziemlich bald dran. Dann kam die Frage: ´Wo ist ihr ständiger Wohnsitz?` Mein ständiger Wohnsitz war Rostock oder Gotha. Aber inzwischen hatte ich Post von meiner Frau aus München, da war sie nun mit dem Kind [gelandet]. Ich gab also an: ´Mein ständiger Wohnsitz ist München`. Wenn die nachgeguckt hätten! ´Gut, in Ordnung.` Wir konnten nicht glauben, dass man nach dem Westen entlassen wurde.
Dramen waren das! Dramen, weil welche aus irgendwelchen Überlegungen, die logisch schienen, eben eine Adresse von einem Kumpel aus Leipzig angegeben haben. Nach dieser Antwort wurden [die Transporte] zusammengestellt. Es ging gleich nach dem Westen, nach Herleshausen. Ich glaube, die anderen wurden in Fürstenwalde bei Frankfurt Oder ausgeladen. Da haben welche Sitzstreik gemacht und wollten auch nach dem Westen. Nach zwei Tagen haben sie es gegenüber der VOPO durchgesetzt. Einige sind zuerst in ihre Heimat [im Osten], da war ja noch West-Berlin offen, und sind dann zurück. Man wusste ja nie, was für Folgen das hatte, egal wie man sich verhielt. Man wusste nie: Gibst du das Falsche zu?
Roland Bude, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de