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Bis zum Mauerbau

Die Zehn Gebote der sozialistischen Moral: In Anlehnung an die christlichen Zehn Gebote verkündet Walter Ulbricht auf dem V. Parteitag der SED im Juli 1958 seine eigenen Grundsätze. Nach denen sollen sich die DDR-Bürger von nun an richten. Quelle:...
Die Zehn Gebote der sozialistischen Moral: In Anlehnung an die christlichen Zehn Gebote verkündet Walter Ulbricht auf dem V. Parteitag der SED im Juli 1958 seine eigenen Grundsätze. Nach denen sollen sich die DDR-Bürger von nun an richten. Quelle: PUNCTUM/Bertram Kober
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Mitglieder der DDR-Kampfgruppen fordern die Schaffung einer Volksarmee. Quelle: Bertram Otto, Hitler marschiert in der Sowjetzone, Bonn 1961, Sonderausgabe für das Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen
Mitglieder der DDR-Kampfgruppen fordern die Schaffung einer Volksarmee. Quelle: Bertram Otto, Hitler marschiert in der Sowjetzone, Bonn 1961, Sonderausgabe für das Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen
Junge Pioniere bei Schießübungen 1956. Unter dem Motto "Schießen geht vor Lernen" wird in den 1950er Jahren die vormilitärische Ausbildung an den Schulen und Universitäten der DDR intensiviert. Die Ausbildung beinhaltet die Unterweisung von Schülern...
Junge Pioniere bei Schießübungen 1956. Unter dem Motto "Schießen geht vor Lernen" wird in den 1950er Jahren die vormilitärische Ausbildung an den Schulen und Universitäten der DDR intensiviert. Die Ausbildung beinhaltet die Unterweisung von Schülern und Studenten in Militärpolitik, den Umgang mit Waffentechnik, Taktik und Exerzieren. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
In der DDR berühmt-berüchtigt: Hilde Benjamin ist von 1949 bis 1953 Vizepräsidentin des Obersten Gerichts und bis 1967 Justizministerin der DDR. Sie leitet eine Reihe von Schauprozessen gegen sogenannte Wirtschaftsverbrecher und Staatsfeinde. Ein Dorn...
In der DDR berühmt-berüchtigt: Hilde Benjamin ist von 1949 bis 1953 Vizepräsidentin des Obersten Gerichts und bis 1967 Justizministerin der DDR. Sie leitet eine Reihe von Schauprozessen gegen sogenannte Wirtschaftsverbrecher und Staatsfeinde. Ein Dorn im Auge sind ihr unter anderem die Zeugen Jehovas, die Mitglieder des Bundes Deutscher Jugend und die KgU. Wegen ihrer harten Urteile – meist unmenschlich hohe Zuchthausstrafen und zwei vollstreckte Todesurteile – wird sie vom Volksmund Rote Hilde oder Rote Guillotine genannt. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
Die Folgen der Planwirtschaft – Schlange stehen vor einer Fleischerei. Auch in ökonomischen Belangen gilt für die SED der Grundsatz: „Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen“. Die gesamte DDR-Wirtschaft wird nach dem Vorbild der sowjetischen...
Die Folgen der Planwirtschaft – Schlange stehen vor einer Fleischerei. Auch in ökonomischen Belangen gilt für die SED der Grundsatz: „Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen“. Die gesamte DDR-Wirtschaft wird nach dem Vorbild der sowjetischen Planwirtschaft aufgebaut. Das Ergebnis ist eine staatlich gelenkte und kontrollierte Wirtschaft. Diese Planwirtschaft kann allerdings nicht flexibel auf die Bedürfnisse der Bevölkerung reagieren: Es kommt ständig zu Versorgungsengpässen, und so fehlt es an den notwendigsten Dingen des täglichen Lebens. Quelle: Bertram Otto, Hitler marschiert in der Sowjetzone, Bonn 1961, Sonderausgabe für das Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen

Nach der Krise von 1956 scheint die Macht der SED endgültig gefestigt. Walter Ulbricht hat sich durchgesetzt und mit ihm ein starrer, einseitiger Kurs. Dennoch gibt es in der Wirtschaftspolitik spürbare Erfolge. Die Produktion steigt, im Mai 1958 werden die Lebensmittelmarken abgeschafft, und im selben Jahr sinken erstmals die Flüchtlingszahlen.

Wirtschaftspolitisch nimmt sich die DDR-Führung viel vor: Bis zum Jahr 1961 will sie die Bundesrepublik „einholen und überholen“. Die rohstoffarme DDR setzt auf Innovation: Wissenschaft und Forschung werden großgeschrieben. Im Jahre 1958 wird das Chemieprogramm verkündet. „Chemie bringt Brot, Wohlstand und Schönheit“ lautet die Parole. Die Produkte aus der DDR sollen „Weltniveau“ erreichen.

Die DDR soll auf Weltniveau getrimmt werden ...

Um diese Ziele durchzusetzen, braucht die SED die Jugend. Die sollte sportlich, leistungsbereit und ideologisch gefestigt sein. 1959 setzt die „Sozialistische Umgestaltung des Schulwesens“ ein: Alle Kinder sollen nun die zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule durchlaufen. Mathematik, Naturwissenschaften und Technik stehen im Mittelpunkt des Lehrplans. Schon frühzeitig sollen der Werkunterricht und der Unterrichtstag in der Produktion die Schüler ans Arbeitsleben heranführen. Außerdem wird die weltanschauliche Erziehung intensiviert. Pionierorganisation und FDJ werden noch enger in den Schulalltag einbezogen.

Der „Neue Mensch“ oder, wie es jetzt heißt, die „allgemein gebildete sozialistische Persönlichkeit“ soll hohe ethische und moralische Normen erfüllen. Der 5. Parteitag der SED verabschiedet 1958 Die zehn Gebote der sozialistischen Moral. Sie sollen die zehn Gebote des Alten Testaments ersetzen (Bildergalerie). Der kirchenfeindliche Seitenhieb ist augenscheinlich. Die SED propagiert nach sowjetischem Vorbild verstärkt einen „wissenschaftlichen Atheismus“. Am 12. April 1961 umrundet der Kosmonaut Juri Gagarin die Erde. Die Begeisterung über diese wissenschaftlich-technische Pioniertat ist riesengroß. Der „Sowjetmensch“ hat begonnen, den Himmel zu erobern.

Unterdessen geht es auf der Erde recht nüchtern zu: Die Zwangskollektivierung der DDR-Landwirtschaft, die nach 1953 zunächst gebremst wurde, wird 1960 erneut gewaltsam durchgesetzt. Unter Druck und Drohungen werden die Einzelbauern zum Eintritt in die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) genötigt. Viele Bauern verlassen ihre Höfe und fliehen in den Westen. Die Felder bleiben unbestellt, das Vieh in den Ställen wird nicht mehr gemolken und gefüttert. Die Folge ist eine schwere Versorgungskrise. In den Konsum-Geschäften gibt es weder Obst noch Gemüse, nicht einmal ausreichend Kartoffeln. Auch Fleisch und Butter sind knapp (Bildergalerie).

... und schliddert in die nächste Krise

An dieser Misere kann nach Meinung der SED nur der Westen schuld sein. Vor allem würden von dort aus junge und qualifizierte Menschen abgeworben. Der Flüchtlingsstrom nimmt 1959 wieder zu. Der zentrale Fluchtweg ist die offene Grenze nach West-Berlin. Zu dieser Zeit ist es noch möglich, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Auto einen der Kontrollpunkte zu passieren. Man muss an der Sektorengrenze nur den Personalausweis vorzeigen. Allein 1960 verlassen 199.000 Bürger die DDR; ganze Abiturklassen und Studienjahrgänge fliehen. Viele Jugendliche sehen in der DDR keine Zukunft. Sie sind unter den Flüchtenden überproportional vertreten – sehr zum Leidwesen der SED, die ja mit den jungen Leuten besondere Hoffnungen verbindet.

Die SED-Führung drängt in Moskau auf eine Lösung. Wenn es schon keine Kontrolle über West-Berlin geben kann, wie es Ulbricht eigentlich vorschwebt, so sollen wenigstens alle Zugänge gesperrt werden. Die Führung der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) stimmt zu. In der Nacht zum 13. August 1961 beginnt der Bau der Mauer, die für 28 Jahre Berlin und Deutschland teilen wird und an der mindestens 136 Menschen zu Tode kommen werden.

Zitierempfehlung: „Bis zum Mauerbau“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Dezember 2019, www.jugendopposition.de/145356


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