Abschrift
Zu meiner Verhaftung führte ein Missgeschick. Aus dem Westen, aus Kiel, kam ein Pädagogik-Student. Der meldete sich: ´Herr Bude, Sie sind doch zuständig für Laienspielgruppe und Chor. Ich habe bei einem Wettbewerb mitgemacht. Wir waren die beste Laienspielgruppe ...`. Ich sage: ´Na gehen Sie hin zu dem, der die Laienspielgruppe macht, und bringen Sie sich dort ein`. Dann wurde noch in der FDJ-Sitzung abgestimmt. Ich habe den untergebracht. Aber es war jemand, der meiner Meinung nach charakterliche Defizite hatte. Er kam aus dem Westen, warum? Er gab an, ein verfolgter Kommunist zu sein. Das ist für mich kein Grund, gegen einen Menschen zu sein. Aber der konnte keine Schürze wackeln sehen, ohne zu versuchen, da unter den Rock zu kommen.
Nachher erfuhren wir: Der hat im Westen eine Frau mit zwei Kindern sitzen lassen und gab sich als verfolgter Kommunist aus. Er brachte natürlich eine Bescheinigung von Kiel: Jawohl, Mitglied der KP. Der ging dann nach Berlin, und per Zufall – oder auch nicht Zufall – kam er an den selben Wolfgang Schmidt, zu dem auch ich Kontakt hatte. Wahrscheinlich hat der aus einer Vertrauensseligkeit heraus ihn zu der Meinung gebracht, dass ich öfter mit ihm Kontakt habe und ihn öfter aufsuche.
Er muss Schmidt in seiner Studentenbude aufgesucht haben, denn mein Vernehmer im NKWD-Gefängnis schilderte mir haargenau das Zimmer: in welcher Schublade der Schmidt was hatte. Er versuchte, mir klar zu machen: ´Wir wissen das alles, was Sie uns noch verheimlichen wollen`. Ich zerbrach mir den Kopf, woher die das wussten. Erst im späteren Verlauf der Vernehmungen wurde mir deutlich: Da hat der sich eingeschlichen. Ich sagte: ´Nie nehmen wir irgendwelche Materialien aus West-Berlin mit nach Rostock und verteilen die. Das machen wir nicht. Wir machen keine Kurierdienste`.
Roland Bude, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de