Verseuchte Flüsse und Seen: Industrieabfälle werden ohne Rücksicht auf die Umwelt entsorgt. Hier Umweltzerstörungen in der Region Bitterfeld/Wolfen. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Andreas Kämper/RHG_Fo_AnKae_3533
Das nackte Grauen: Umweltschutz spielt in der DDR lange keine Rolle – mit fatalen Folgen für Mensch und Natur. Das Waldsterben im Erzgebirge zeugt von der völlig verfehlten Energie- und Umweltpolitik der DDR-Führung. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Volker Döring/RHG_Fo_VDoe_236
Die Staatssicherheit dokumentiert Umweltzerstörungen fotografisch, deren dramatische Ausmaße sie in internen Dossiers bestätigen muss. Zuvor hatten DDR-Umweltschützer ähnliche Motive über westdeutsche Medien veröffentlicht. Gerade darauf reagiert die Diktatur besonders empfindlich und verfolgt die Umweltaktivisten. Quelle: Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv
Die Staatssicherheit dokumentiert Umweltzerstörungen fotografisch, deren dramatische Ausmaße sie in internen Dossiers bestätigen muss. Zuvor hatten DDR-Umweltschützer ähnliche Motive über westdeutsche Medien veröffentlicht. Gerade darauf reagiert die Diktatur besonders empfindlich und verfolgt die Umweltaktivisten. Quelle: Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv
Braunkohleförderung in einem Tagebau bei Leipzig. Die DDR deckt ihren Energiebedarf zu über 80 Prozent aus Braunkohle. Doch die Verbrennung von Braunkohle führt zu einer hohen Luftverschmutzung durch Schwefeldioxid, Asche und Staub. Das Ergebnis sind Smog, Saurer Regen und Waldsterben. Die Umweltzerstörung wird zu einem zentralem Motiv der DDR-Opposition. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Andreas Kämper/RHG_Fo_AnKae_3459
Am 4. Juli 1982 organisieren Jugendliche die erste Fahrraddemonstration durch die Ostberliner Innenstadt. Sie machen damit auf die fortschreitende Umweltzerstörung und Luftverschmutzung in der DDR aufmerksam. Auf der Straße Unter den Linden binden sie sich Tücher vor Mund und Nase. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Tom Sello/RHG_Fo_HAB_17942
1985 wird von der UNO zum Jahr der Jugend erklärt. Und so schreibt die Friedensbewegung der DDR im Januar 1985 einen Brief an die Regierung der DDR. Darin unterbreitet sie Erich Honecker sieben Vorschläge zur Veränderung der Jugendpolitik. Zu den Erstunterzeichnern des Briefs gehören Ralf Hirsch und Peter Grimm, die 1986 die Initiative Frieden und Menschenrechte mitgründen. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft, Seite 1 von 2, RHG_Fak_0103 Abschrift
1985 wird von der UNO zum Jahr der Jugend erklärt. Und so schreibt die Friedensbewegung der DDR im Januar 1985 einen Brief an die Regierung der DDR. Darin unterbreitet sie Erich Honecker sieben Vorschläge zur Veränderung der Jugendpolitik. Zu den Erstunterzeichnern des Briefs gehören Ralf Hirsch und Peter Grimm, die 1986 die Initiative Frieden und Menschenrechte mitgründen. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft, Seite 2 von 2, RHG_Fak_0103_a Abschrift
„Uns hätte das Schweigen geschadet!“ Peter Grimm und Ralf Hirsch sagen Petra Kelly, dass es richtig war, auf einer internationalen Tagung der Friedensbewegung in Amsterdam den Brief aus der DDR zum Jahr der Jugend zu verlesen. Petra Kelly zählt zu den wenigen bekannten westdeutschen Politikern, die seit Anfang der 1980er Jahre kontinuierlich Kontakt zur DDR-Opposition pflegen und diese nachhaltig unterstützen. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft / RHG_Fak_0026 Abschrift
Über die Risiken der Atomkraft gibt es in der DDR keine öffentliche Diskussion. Besonders nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl versuchen Umweltgruppen mit eigenen Veranstaltungen auf die Gefahren und Risiken der Technologie hinzuweisen. So auch der Öko-Kreis Wismar, der zu einem Umweltwochenende einlädt. Der Zusatz „Nur zur innerkirchlichen Information“ wird von den Gruppen verwendet, um das staatliche Anmelde- und Druckgenehmigungsverfahren zu unterlaufen. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft / RHG_Fo_HAB_11675 Abschrift
Am 17. Januar 1988 beteiligen sich Oppositionelle und Ausreisewillige mit selbst gefertigten Transparenten an der offiziellen Demonstration zu Ehren von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Es kommt zu zahlreichen Verhaftungen. Von der Stasi beschlagnahmte Transparente der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration am 17. Januar 1988 in Berlin. Quelle: BStU, MfS, HA IX, 10302, Bild 16
„Für Abrüstung in Ost und West“: Teilnehmer des Pilgermarsches vom KZ Ravensbrück zum KZ Sachsenhausen im September 1987. Internationale Friedensgruppen organisieren zwischen dem 1. und 18. September 1987 einen Friedensmarsch zur Erinnerung an den schwedischen Premierminister Olof Palme. Der Friedensmarsch führt auch durch die DDR. An dem Friedensmarsch nehmen auch unabhängige kirchliche Kreise und oppositionelle Friedensgruppen der DDR mit eigenen Transparenten teil. Höhepunkt ist ein Pilgerweg, der vom 2. bis 5. September über 80 Kilometer zwischen Ravensbrück und Sachsenhausen verläuft, vorbereitet von der „Aktion Sühnezeichen“. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Rolf Walter/RHG_Fo_RDA_02137
Abiturienten der Carl-von-Ossietzky-Schule in Berlin-Pankow hängen im Oktober 1988 Beiträge an die Wandzeitungen ihrer Schule, auf denen sie sich ihre eigenen Gedanken über die Streiks in Polen und den Unsinn der jährlich stattfindenden DDR-Militärparaden machen. Zudem organisiert einer der Schüler eine Unterschriftenaktion bei Eltern und Schülern, um gegen die Militärparade zum DDR-Jubiläum am 7. Oktober 1988 zu demonstrieren. Nach der Unterschriftenaktion greift die Schulleitung hart durch. Vier Schüler werden von der Schule geschmissen, zwei werden strafversetzt und zwei erhalten einen Schulverweis. Solidarität erfahren die acht nonkonformen Schüler durch die oppositionellen Gruppen. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft / RHG_Fak_0661_a
"Die Kinder brauchen die Sonne, wie die Blume das Licht." In der Region Bitterfeld/Wolfen leiden viele Kinder an Atemwegs- und Hautkrankheiten. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Andreas Kämper/RHG_Fo_AnKae_3505
Tote Bäume überall: In den staatlich gelenkten DDR-Medien spielt das Thema Umweltzerstörung keine Rolle. Doch die Umweltschäden sind nicht mehr zu übersehen. Hier ein Plakat der unabhängigen Umweltbewegung zur Problematik des Waldsterbens in der DDR. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft / RHG_Fo_HAB_17949
„Westliche Panikmache“: Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl spielt die parteiamtliche Presse die Gefahren herunter. Hier ein Beispiel aus der FDJ-Zeitung. Quelle: Junge Welt vom 2. Mai 1986 Abschrift
Sogenannte Totalverweigerer gibt es in der DDR seit der Einführung der Wehrpflicht im Januar 1962. Bis 1989 verweigern ungefähr 6.000 Wehrpflichtige den Dienst völlig. Insgesamt werden 3.144 Personen verurteilt. Der Freundeskreis Totalverweigerer auf der Friedenswerkstatt 1988 in der Ostberliner Erlöserkirche. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Siegbert Schefke/RHG_Fo_SiSch_65
In den 1980er Jahren sind viele DDR-Bürger für die Belange des Umweltschutzes sensibilisiert, und das hat viele Ursachen: Verdreckte Häuserfassaden künden von der Luftverschmutzung, die marode Chemieindustrie sorgt für stinkende, vergiftete Seen und Flüsse. Die riesigen Mondlandschaften der Tagebaue im Süden und Osten des Landes sowie das Waldsterben zeigen die fatalen Folgen der DDR-Energiepolitik.
Eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Aktivierung der DDR-Umweltbewegung spielt die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986, die von DDR-Führung und -Medien extrem verharmlost wird. Nicht zuletzt dies führt dazu, dass sich mehr Menschen als zuvor mit den Belangen des Umweltschutzes auseinandersetzen. Wenngleich auch nur wenige – darunter besonders viele junge – den Schritt hin zum aktiven Widerstand gegen den Staat wagen.
Die Oppositionsbewegung der DDR ist bis zum Herbst 1989 kaum überregional organisiert. Die meisten Aktionen werden in kleinen informellen Gruppen geplant und realisiert, was den gebündelten Widerstand gegen das System erschwert. Doch alle engagieren sich Ende der 1970er Jahre – und vor allem in den 1980ern – gegen die Umweltzerstörung, die Militarisierung der Gesellschaft und vor allem die Verletzung grundlegender Menschenrechte.
Die meisten Gruppen sitzen in den wenigen Großstädten der DDR, vor allem in Berlin und Leipzig sowie in einigen Problemgebieten. Ihre Vorbilder sind die polnische freie Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc und die tschechische Bürgerrechtsbewegung Charta 77. Verwandte Themen werden aber auch bei gesellschaftskritischen Initiativen im Westen gefunden.
Den meisten Oppositionellen geht es in den 1970er Jahren mit ihrer Kritik vorrangig um eine Reform des Sozialismus. Allen gemein ist die Unzufriedenheit mit der gesellschaftlichen Situation in der DDR. Die Mittel und Wege, mit denen sie Veränderungen erreichen wollen, sind so verschieden wie die Menschen, die gegen den DDR-Staatsapparat aufstehen.
Luftverpestung, Wasserverseuchung, Waldsterben
Die Aktivisten der DDR-Umwelt-, Friedens- und Menschenrechtsgruppen stammen häufig aus Intellektuellen- und Künstlerkreisen. Unter ihnen sind viele junge Leute, Schüler, Lehrlinge und Studenten. Der größte Teil von ihnen steht mit der Kirche in enger Verbindung – manchmal aus rein pragmatischen Gründen, da einzelne Kirchenmitarbeiter die Arbeit der Opposition bis zu einem gewissen Grad unterstützen, indem sie Räume bereitstellen und die eigene Mitarbeit anbieten.
Die DDR-Opposition bleibt bis in die späten 1980er Jahre klein. Zu diesem Zeitpunkt sind es nur etwa 2.500 Personen, die in Oppositionsgruppen mitarbeiten, und circa 800 Personen, die im aktiven Kern der DDR-Opposition dabei sind. Manche von ihnen sind in mehreren der etwa 160 Basisgruppen und -initiativen zusammengeschlossen.
Dass die Zahl der Aktivisten relativ überschaubar ist, liegt in der Kombination aus totaler Überwachung der Bevölkerung nicht nur durch das MfS und der harten Abstrafung der überführten Systemgegner. Viele DDR-Bürger haben Angst – oder sich gut eingerichtet. Sie scheuen vor einer Konfrontation mit der Staatsmacht zurück, riskieren wenig und sorgen sich um ihre Karriere. Zudem verhindert das Medienmonopol der Regierung die Verbreitung oppositioneller Positionen. Der Aktionsradius der einzelnen Gruppen bleibt daher oft regional beschränkt.
Überwachung, Einschüchterung, Bespitzelung
Vor allem durch kirchlich organisierte Seminare und persönliche Freundschaften gelingt es den Mitgliedern der DDR-Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsbewegung, untereinander Verbindung zu halten. (Johanna Kalex berichtet darüber im Zeitzeugen-Video.) Erst in den späten 1980er Jahren setzt eine DDR-weite Vernetzung der Gruppen ein. Jetzt werden teils überregionale Gruppen wie die Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM), der Freundeskreis Wehrdiensttotalverweigerer oder das Grün-ökologische Netzwerk Arche gegründet.
Auch Umwelt-Bibliotheken werden an verschiedenen Orten gegründet. Sie bilden wichtige Kommunikationszentren der Bürgerrechtsszene. Am wichtigsten wird die Gründung der Ostberliner Umwelt-Bibliothek (UB) 1986. Sie gibt systemkritische Zeitschriften wie die Umweltblätter oder den telegraph heraus, deren Inhalte von Interessierten im ganzen Land gelesen und diskutiert werden. Zudem verfügt die UB über umfangreiche, auch verbotene Literatur zu Umwelt- und Menschenrechtsfragen. In den Räumen der UB finden Diskussionen, Konzerte und Lesungen mit teilweise vom Auftrittsverbot betroffenen Künstlern statt.
Die Stasi schläft nicht: Sie hat in die einzelnen Gruppen Spitzel eingeschleust, die den Geheimdienst über Aktivitäten der „feindlich-negativen Elemente“ auf dem Laufenden halten. Dass die Gruppen von der Bespitzelung wissen, erschwert ihre Arbeit. Schließlich weiß man nie, ob der neue Mitstreiter ein Stasi-Spitzel ist.
Erst mit der Friedlichen Revolution 1989 können die Gruppen aus der Illegalität heraustreten. Trotz vorhandener inhaltlicher Differenzen zwischen den einzelnen Strömungen entschließen sich die meisten von ihnen, gemeinsam zur ersten freien Wahl der Volkskammer, dem DDR-Parlament, im März 1990 anzutreten – unter dem Namen Bündnis 90.
Zitierempfehlung: „Umwelt, Frieden und Menschenrechte“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Dezember 2019, www.jugendopposition.de/145322
Zum Anschauen des Videos benötigen Sie Javascript oder Flash
Wir hatten eigentlich ein ganz gutes Netzwerk. Dadurch, dass jedes Jahr dieses ´Konkret für den Frieden` war, hat man viele Leute kennen gelernt und Kontakte schließen können. Viel ist auch über private Freundschaften passiert. Wolfgang Rüddenklau habe ich einfach mal besucht. Und wir hatten ganz gute Kontakte nach Berlin. In Leipzig hatte ich auch Freunde, wo man sich abgesprochen und geholfen hat. Später konnten wir in der Umwelt-Bibliothek sogar mal die Technik verwenden und was drucken.
Wir hatten noch ganz gute Kontakte zur ´Charta 77` in Prag, was sich durch die Nähe von Dresden zu Tschechien ergab. Da war ich regelrecht befreundet mit Anna. Wir haben Kinderklamotten ausgetauscht und uns besucht. Aber haben auch Texte von der ´Charta 77` rübergeholt, übersetzt und im ´grenzfall` [Samisdat-Zeitschrift der Initiative Frieden und Menschenrechte - IFM] abgedruckt. Diese Kontakte gab es ins Ausland. Eigentlich war es ein ganz gut funktionierendes Netzwerk.
Johanna Kalex, Zeitzeugin auf www.jugendopposition.de