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Gründung der Freien Universität

Titelblatt der Sondernummer „Kampf um die Universität“ der Zeitschrift Colloquium. Sie erscheint nach den Vorfällen an der Berliner Universität im April 1948. Quelle: Marianne und Egon Erwin Müller, Stürmt die Festung Wissenschaft, Berlin 1955
Titelblatt der Sondernummer „Kampf um die Universität“ der Zeitschrift Colloquium. Sie erscheint nach den Vorfällen an der Berliner Universität im April 1948. Quelle: Marianne und Egon Erwin Müller, Stürmt die Festung Wissenschaft, Berlin 1955
Der Student Otto Stolz veröffentlicht in der Zeitschrift Colloquium satirische Artikel, zum Beispiel über die Amtseinführung des neuen Rektors der Berliner Universität. Daraufhin stimmt der Präsident der Zentralverwaltung für Volksbildung, Paul...
Der Student Otto Stolz veröffentlicht in der Zeitschrift Colloquium satirische Artikel, zum Beispiel über die Amtseinführung des neuen Rektors der Berliner Universität. Daraufhin stimmt der Präsident der Zentralverwaltung für Volksbildung, Paul Wandel (SED), seiner Immatrikulation nicht zu und entzieht ihm die Studienerlaubnis. Quelle: Universitätsarchiv der Freien Universität Berlin
Im Colloquium erscheint ein kritischer Kommentar von Otto Hess mit dem Titel „Wie lange noch? Kampf um die Universität“. Darin wendet er sich gegen den zunehmenden Einfluss der SED auf die von den sowjetischen Behörden kontrollierte Universität....
Im Colloquium erscheint ein kritischer Kommentar von Otto Hess mit dem Titel „Wie lange noch? Kampf um die Universität“. Darin wendet er sich gegen den zunehmenden Einfluss der SED auf die von den sowjetischen Behörden kontrollierte Universität. Daraufhin entzieht man ihm am 16. April 1948 die Immatrikulation. Quelle: Universitätsarchiv der Freien Universität Berlin
Joachim Schwarz ist Mitherausgeber der Zeitschrift Colloquium. Auch ihm entzieht Paul Wandel (SED) am 16. April 1948 die Studienerlaubnis. Quelle: Universitätsarchiv der Freien Universität Berlin
Joachim Schwarz ist Mitherausgeber der Zeitschrift Colloquium. Auch ihm entzieht Paul Wandel (SED) am 16. April 1948 die Studienerlaubnis. Quelle: Universitätsarchiv der Freien Universität Berlin
Gefährlich nahe der Sektorengrenze: Im ausgebombten Hotel Esplanade protestieren im April 1948 Berliner Studenten gegen die Relegierung ihrer Kommilitonen Otto Stolz, Otto Hess und Joachim Schwarz. Die Studenten fordern die Gründung einer freien Universität...
Gefährlich nahe der Sektorengrenze: Im ausgebombten Hotel Esplanade protestieren im April 1948 Berliner Studenten gegen die Relegierung ihrer Kommilitonen Otto Stolz, Otto Hess und Joachim Schwarz. Die Studenten fordern die Gründung einer freien Universität in den Westsektoren Berlins. Quelle: Marianne und Egon Erwin Müller, Stürmt die Festung Wissenschaft, Berlin 1955
Dr. med. Friedrich (Fritz) von Bergmann wird vom West-Berliner Oberbürgermeister Ernst Reuter am 2. Februar 1949 als Kurator der Freien Universität (FU) Berlin eingesetzt. Von 1945 bis 1946 leitet er die Abteilung Wissenschaft und Ausbildung der Zentralverwaltung...
Dr. med. Friedrich (Fritz) von Bergmann wird vom West-Berliner Oberbürgermeister Ernst Reuter am 2. Februar 1949 als Kurator der Freien Universität (FU) Berlin eingesetzt. Von 1945 bis 1946 leitet er die Abteilung Wissenschaft und Ausbildung der Zentralverwaltung für das Gesundheitswesen in der SBZ. Danach ist er freier Mitarbeiter des Berliner Tagesspiegels und Sekretär des Vorbereitenden Ausschusses für die Gründung der FU. Quelle: Universitätsarchiv der Freien Universität Berlin

Die Berliner Universität untersteht nach Kriegsende formal nicht dem Berliner Magistrat, sondern der von der sowjetischen Besatzungsmacht eingesetzten Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung. Geleitet wird sie von dem Kommunisten Paul Wandel. Trotzdem kann die SED den Lehrbetrieb in der Vier-Sektoren-Stadt Berlin nicht sonderlich gut kontrollieren. Die Aufsicht ist komplizierter als an den anderen Hochschulen der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Im frei gewählten Studentenrat haben die Gegner der SED eine deutliche Mehrheit. Die Medien der Westsektoren, wie der RIAS, können relativ ungehindert über die Kritik an der SED berichten. Außerdem gibt es die freie Studentenzeitschrift Colloquium.

Spätestens am 16. April 1948 beginnt der offene Kampf um die Berliner Universität. Die drei Herausgeber des Colloquiums, die Studenten Otto Stolz, Otto Hess und der 22-jährige Joachim Schwarz, werden von der Universität verwiesen. Der Studentenrat protestiert gegen diesen willkürlichen Akt. Einige Tage später findet im Westteil der Stadt eine Protestveranstaltung statt: im ausgebombten Hotel Esplanade, das unmittelbar an der Grenze zum sowjetischen Sektor liegt. Die Zentralverwaltung droht, alle Demonstranten vom Studienbetrieb auszuschließen. Das Hotel füllt sich dennoch.

Maulkorb, Zensur und Exmatrikulation? Nein danke!

Unter dem Beifall der Anwesenden wird die Forderung nach einer neuen Universität laut. In den folgenden Wochen unterschreiben mehr als 2.000 Studenten einen Gründungsaufruf. Am 19. Juni 1948 konstituiert sich ein Gründungsauschuss für die Freie Universität (FU). Die Leitung übernimmt Ernst Reuter (SPD). Er ist der von der Stadtverordnetenversammlung 1947 gewählte Oberbürgermeister von Berlin. Allerdings ist er auf sowjetischen Druck von der Alliierten Kommandantur nicht bestätigt.

Fast zeitgleich verhängt die Sowjetunion eine Blockade über West-Berlin, indem sie alle Zufahrtswege sperrt. Die Inselstadt kann nur noch über eine amerikanische Luftbrücke versorgt werden. Es fehlt an Lebensmitteln, Strom und Heizmaterial. Trotz dieser angespannten Lage wird die FU mit tatkräftiger Hilfe der westlichen Schutzmächte schon am 4. Dezember 1948 gegründet. Die Einrichtungen der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft in Berlin-Dahlem bilden den Grundstock für die notwendigen Laboratorien, Bibliotheken und Vorlesungssäle.

Bereits zum Wintersemester 1948/49 beginnt an mehreren Fakultäten der Lehrbetrieb. Es gibt rund 5.000 Studienplatzbewerber, von denen nur 2.000 berücksichtigt werden können. Über 20 Prozent der Studierenden kommen aus dem sowjetischen Sektor Berlins und der SBZ. Viele von ihnen kommen von der Berliner Universität, die ab 1949 Humboldt-Universität heißt. Von den 30 Mitgliedern des 1947 frei gewählten Studentenrats wechseln 25 zur FU.

Zitierempfehlung: „Gründung der Freien Universität Berlin“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Oktober 2018, www.jugendopposition.de/145428

 


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