Der Schriftsteller Jürgen Fuchs (25) sowie die Musiker Gerulf Pannach (28) und Christian Kunert (24) sind seit Langem mit Wolf Biermann befreundet. Als sie von seiner Ausbürgerung erfahren, schließen sie sich sofort der Petition der Künstler an. Wie viele andere sorgen sie dafür, dass das Papier abgeschrieben und in der DDR verbreitet wird.
Alle drei Künstler stehen – wegen ihrer immer wieder öffentlich geäußerten Kritik an den Verhältnissen in der DDR – seit Langem im Visier der Stasi. Dem Liedermacher Gerulf Pannach entzieht der Staat 1974 die Zulassung als freischaffender „Songinterpret“. Mit seinen Texten, die vor allem durch die Klaus Renft Combo bekannt werden, nimmt er den Sozialismus zu stark in die Kritik.
Die Klaus Renft Combo solidarisiert sich mit Gerulf Pannach und wird so selbst zum Ziel der Stasi. Die stellt schließlich fest: „Entsprechend der staatsfeindlichen Zielstellung des Biermann nutzte der Verdächtige [Pannach] seinen Einfluss auf die ehemalige Klaus Renft Combo, um diese in eine offene Konfrontation und eine verfestigte oppositionelle Haltung zur Kulturpolitik von Partei und Regierung und den zuständigen Staatsorganen zu bringen.“ Am 22. September 1975 wird die Band kurzerhand verboten.
Jürgen Fuchs, vom Psychologiestudium in Jena wegen seiner politischen Haltung exmatrikuliert, wohnt Mitte der 1970er Jahre zusammen mit seiner Frau Lilo und seinem Kind im Gartenhaus der Oppositionellen-Familie Havemann. Er wird am 19. November 1976 verhaftet, Christian Kunert und Gerulf Pannach zwei Tage später. (Im Zeitzeugen-Video berichtet Christian „Kuno“ Kunert vom Spielverbot, der Verhaftung und Ausweisung der Musiker.)
Die Nachricht, dass die drei Künstler festgenommen sind, verbreitet sich innerhalb der Oppositionsbewegung der DDR rasch. Kurz nach der Verhaftung werden zum Beispiel in Halle Flugschriften mit Solidarisierungsaufrufen verteilt (Bildergalerie). Unmenschliche Bedingungen und stundenlange Verhöre in der Untersuchungshaft in Berlin-Hohenschönhausen sollen die Künstler dazu bringen, einzugestehen, dass ihre Liedtexte „staatsfeindliche Hetze“ sind. Die Stasi versucht in den Verhören vergeblich, die Künstler gegeneinander auszuspielen. Ihnen wird eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren angedroht – es sei denn, sie reisen in die Bundesrepublik aus.
Nach neun Monaten Haft willigen sie schließlich ein und werden nach West-Berlin abgeschoben. Dort äußern sie sich öffentlich zu ihrer Ausbürgerung (Bildergalerie).
Zitierempfehlung: „Fuchs, Kunert und Pannach“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Dezember 2019, www.jugendopposition.de/145382
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Gerulf kam gleich angefahren. Das war in der Nacht. Wir sind gleich gestartet, mit einem befreundeten Menschen, der uns nach Berlin gefahren hat, nach Grünheide, zu Robert Havemann. Dort auf seinem Grundstück wohnte auch unser Kumpel Jürgen Fuchs. Der war mit seiner Familie aus Jena ins Gartenhäuschen gezogen. Wir wussten, dass wir da schlafen konnten, wir waren da schon ein paar Mal. Dann sind wir dahin gefahren, um Verständnis zu haben und zu beratschlagen, was man tun kann.
Da war eine Truppe von Schriftstellern von der bekannteren Sorte, zum Teil wohl auch Parteimitglieder. Die hatten sich tatsächlich zu einer Bitte an die Regierung durchgerungen, diesen Beschluss zu überdenken. Das war auf die Freundliche und Nette formuliert, so dass man wenig dagegen sagen konnte. An diese Erklärung haben sich viele angeschlossen und Unterschriftenlisten geliefert. In Jena, und ich weiß nicht, wo sonst noch. Es gab da eine ganze Menge Solidarität, vergleichsweise. Das hatte natürlich immer zwei Seiten. Die eine ist der Protest, der spürbar für so eine Staatsmacht wird. Die andere ist, dass alle Namen und Adressen auf den Listen die Leute liefern, die in Zukunft zu beobachten und zu drangsalieren sind.
Ich hätte gerne noch was gemacht. Ich habe mit Gerulf noch auf der Bude gehockt und wir dachten: Wir müssen einen Song schreiben, der alle umhaut, der uns berühmt macht. Einen, der macht, dass das Volk uns liebt, und was weiß ich nicht alles. Wir haben aber keinen zustande gekriegt, leider. Das war sehr traurig.
Christian Kunert, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de