Abschrift
Im Januar 1989 gab es dann die Luxemburg-Liebknecht-Demonstration, oder Aktion, in Leipzig. Damals wurden Flugblätter illegal gedruckt von der Arbeitsgruppe Menschenrechte, Gerechtigkeit und vor allen der Initiativgruppe Leben. Diese Flugblätter wurden verteilt in in Leipzig: in Briefkästen, in Telefonzellen und auf öffentlichen Plätzen. Leider gab es da eine undichte Stelle in diesem Netzwerk und es führte dazu, dass die betreffenden Personen relativ kurz danach festgenommen wurden. Es gab eine Hausdurchsuchung in der Mariannenstraße 46, wo viele von uns wohnten zu dem Zeitpunkt und wo ein Zentrum des Austauschs und der Opposition war. Es gab diese Verhaftungen im Januar, im Vorfeld dieser Demonstration. Das hat dazu geführt, dass wir dann ganz schnell, also ich gehörte nicht dazu, ich wusste nichts davon, dass diese Flugblätter gedruckt werden würden. Ich wusste auch nichts von der ganzen Aktion. Was auch noch mal zeigt, was das heißt, konspirativ zu arbeiten. Das heißt nicht, dass alle alles wissen, im Gegenteil, sondern dass ganz bewusst auch Menschen komplett außen vor sind, damit sie dann nicht ausgehorcht werden können und damit die dann hoffentlich auch draußen bleiben. Und so war es eben dann auch. Es gab eine DDR weite Solidaritätsbewegung. Ich habe dann mit anderen gemeinsam in Leipzig ein Kontakttelefon ins Leben gerufen, damit wir andere Städte erst mal darüber informieren können, dass diese Verhaftungen erfolgt sind, damit wir die Westpresse informieren konnten, dass diese Verhaftungen erfolgt sind. Aus Berlin ist sofort Peter Grimm angereist, von der Initiative Frieden und Menschenrechte, der ohnehin immer unsere Verbindungsperson gewesen war. Und mit ihm zusammen bin ich dann in die Leipziger Studentengemeinde gegangen. Der Pfarrer Bartel hat sich damals sofort bereitgestellt, dass wir dort tägliche Andachten durchführen und ein Koordinierungsbüro einrichten konnten. Und dann haben wir da unsere Zelte aufgeschlagen und haben von dort aus von der Studentengemeinde heraus die DDR-weiten Aktionen unterstützt und dazu aufgerufen. Und in diesem Falle war es tatsächlich so, dass alle Beteiligten, die zu dem Zeitpunkt verhaftet wurden, mehrere Tage festgehalten wurden, einige kürzer andere länger, aber am Ende tatsächlich alle ohne Verfahren auch entlassen wurden. Das war wiederum auch etwas, was uns sehr gestärkt hat, weil wir gesehen haben: ja, es ist möglich! Wenn wir konzertiert handeln, wenn wir uns genau überlegen, was wir brauchen, was nötig ist und strategisch vorgehen und die Westpresse mit an Bord haben, die das kommuniziert und den entsprechenden politischen Druck aufbaut, dann ist es tatsächlich auch möglich, die Leute wieder rauszuholen aus dem Knast.