Abschrift
1986 habe ich mir gesagt: `Das ist eigentlich zu wenig, sich nur mit dem Thema Umweltschutz zu beschäftigen, nur die Leute zu animieren, selber aktiv zu werden, wenn der Staat hinter meinen Rücken zusammenbricht.´ Ich dachte: `Es muss sich politisch etwas ändern.´ Ich bin aus dieser Gruppe heraus, habe mit Kerstin Reuchert, Jens Kronberg und Frank Sellentin – die waren damals alle Mitglied der Arbeitsgruppe Umweltschutz – eine eigene Gruppe gegründet. Wir haben gesagt: ´Man muss in diesem Land etwas verändern. Es gibt keine Pressefreiheit, keine Versammlungsfreiheit, es wird alles eingeschränkt in der DDR`. Wenn man sich daran halten will, kann man politisch nichts ändern. Man muss die Gesetze durchbrechen. Man muss eben sagen: ´Ich druck jetzt einfach ein Flugblatt, ich druck jetzt einfach eine Samisdat-Zeitschrift und durchbreche das Informationsmonopol des Staates`, das ja auf alles eine Registriernummer gegeben hat.
Das hat sich immer weiter entwickelt, bis wir eine eigene Menschenrechtsgruppe hatten. Es war eine Gruppe, die sich mit Umwelt beschäftigt hat, eine Gruppe die sich ab 1987 mit Perestroika beschäftigt hat, eine Gruppe, die sich mit der Situation in Rumänien beschäftigt hat. Dort hatte Ceauşescu, der damalige Staatspräsident von Rumänien, von Erich Honecker den Karl-Marx-Orden bekommen – als sozialistisches Vorzeigeland. Rumänien war ja noch viel schlimmer als die DDR.
Am Anfang, 1987, waren wir zehn Leute. Es entwickelte sich bis 1989, da waren wir ungefähr 30 Leute mit vier verschiedenen Arbeitsgruppen. Bei uns gab es eine Struktur in der Gruppe. Es gab Arbeitsgruppen, die vollkommen autonom entscheiden konnten. Nicht wie heute, wo man einen Verein gründet, mit Mitgliedern und Mitgliedsbeitrag und Vereinsurkunde. Bei uns waren das zum größten Teil Freundeskreise. Pro Arbeitsgruppe gab es einen Sprecher, und die haben die Arbeit untereinander koordiniert. Die haben gesagt: ´Wenn ihr Hilfe braucht, dann sagt uns Bescheid, dann können andere mithelfen`. Die haben vollkommene Entscheidungsfreiheit gehabt.
Uwe Schwabe, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de