Abschrift
Der erste Prozess war Ende September '58, vor dem Ersten Strafsenat des Bezirksgerichts Gera, mit stark eingeschränkter Öffentlichkeit`. Das heißt, da waren eigentlich in dem ersten Prozess ausschließlich FDJ- und Parteifunktionäre sowie Stasi-Offiziere in zivil und je ein Familienangehöriger der Angeklagten da. Speziell in dem letzten Prozess gegen die Studenten, wo die Strafen relativ niedrig waren, ist es auch einigen Studenten, die zu dem Regime konträr standen, gelungen, sich Zutrittskarten zu verschaffen. Dadurch sind dann auch ein paar Informationen in den Westen gekommen.
Der Prozess war eigentlich mehr oder weniger eine Formalsache. Das heißt, es wurden Verhörprotokolle, die die Staatssicherheit dem Gericht zur Nutzung empfohlen hatte, mehr oder weniger wiederholt. Der Richter verfuhr ähnlich wie die Staatssicherheit auch. In einem Teil des Verhörs vor Gericht wurde ein Gebrüll veranstaltet, fast wie von Freisler am Volksgerichtshof der Nazizeit, und dann normalisierte der sich wieder. Wobei man im Nachhinein sagen muss: In den Papieren, die ich im Bundesarchiv gesehen habe, galt dieser Richter selber als unzuverlässig. Und er hat ganz eindeutig – wir mussten ja zum Teil auch als Zeugen auftreten – in den späteren Prozessen eine ganz merkwürdige Taktik verfolgt. Er ist längst tot. Ich bin mir völlig im Unklaren, was das eigentlich für eine Figur war.
Thomas Ammer, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de