Abschrift
Es war tatsächlich diese Junge-Gemeinde-Kampagne und auch der 17. Juni, weil damit die These des Regimes zerschlagen wurde: Die Mehrheit der Bevölkerung, die große Mehrheit, sind überzeugte Anhänger des Regimes, alle wollen das Gleiche und so weiter. Da war schlagartig klar, dass das nur ein dünner Firnis ist; die Masse ist entweder gleichgültig oder massiv dagegen, sobald sie die Gelegenheit sieht, das zum Ausdruck zu bringen.
Und dann gab es natürlich einzelne Zustände, zum Beispiel die Militarisierung, die Uniformierung der Jugend, die nun Anklänge an die Nazizeit mit sich brachten. Dazu kommt, dass ich von zu Hause aus stark antifaschistisch beeinflusst war, und dass die Erscheinungen sich glichen. Jedenfalls die äußeren Erscheinungen, wenn auch natürlich der Inhalt anders war. Und einer der ersten Grundsätze, die mir schon zu Hause beigebracht worden sind, dass eben der Mehrheit der Deutschen in der Nazizeit zu Recht der Vorwurf gemacht wurde, dass sie, wenn sie schon nicht mitgelaufen sind, sich doch passiv verhalten haben und nichts hören wollten, also eine indirekte Mitschuld an den Dingen hatten. Und ich meinte, wie viele andere Schulkameraden und später Studenten auch: Das soll man uns nicht nachsagen.
Thomas Ammer, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de