Abschrift
Also zu Schnur gab es schon Kontakte durch meinen Freund damals, Thomas Auerbach, eben in dieser Wehrdienstsache. Und Schnur galt als der einzige Anwalt in der DDR, der Wehrdienstverweigerer verteidigte im Auftrag der Kirche, und gab sich eben immer als Kirchenmann aus. Und Thomas Auerbach hatte vor diesem Termin 2. November, diesem Einzugstermin zur Armee, schon eine anwaltliche Vollmacht unterschrieben. Und deswegen habe ich den Schnur damals auch gleich beauftragt, ihn nun in dieser Verhaftungssache zu verteidigen. Und Schnur sagte, ja, er kann drei Leute verteidigen, und hatte dann noch Marian Kirstein und Bernd Makowski dazugenommen. Und der kam auch immer und schüttelte den Kopf und „ich weiß gar nicht, was sie denen vorwerfen“ und so. Und spielte eben auch schon ein doppeltes Spiel, dass er nämlich da offenbar auch eingeweiht war schon in diese Pläne, dass es irgendwann auf die Ausbürgerung hinausläuft, also so im Laufe der Monate, die dann so ins Land gingen.
Der kam irgendwann oder ich bin auch mal zu ihm nach Binz gefahren oder wir haben uns mal in Leipzig auf dem Bahnhof getroffen. Das muss dann so schon Frühsommer 1977 gewesen sein, wo er dann sagte: „Ja also, wenn die hier im Gefängnis bleiben, dann wird es drei bis zwölf Jahre, also so acht Jahre kriegen die ganz bestimmt“ – also bereitete einen auch so darauf vor, dass es also ganz furchtbar wird, ja? Und sagte, ja, es gäbe auch noch die andere Möglichkeit eben mit dieser Ausreise in den Westen. So, und alle acht Inhaftierten hätten zugestimmt. Und was denn wäre – wir würden sozusagen als Angehörige zählen, also ich und noch drei andere –, was wir denn machen würden. Und da haben wir natürlich gesagt: „Na ja, wenn die ausgebürgert werden, gehen wir natürlich mit.“
Doris Liebermann, Zeitzeugin auf www.jugendopposition.de