Abschrift
Gerulf kam gleich angefahren. Das war in der Nacht. Wir sind gleich gestartet, mit einem befreundeten Menschen, der uns nach Berlin gefahren hat, nach Grünheide, zu Robert Havemann. Dort auf seinem Grundstück wohnte auch unser Kumpel Jürgen Fuchs. Der war mit seiner Familie aus Jena ins Gartenhäuschen gezogen. Wir wussten, dass wir da schlafen konnten, wir waren da schon ein paar Mal. Dann sind wir dahin gefahren, um Verständnis zu haben und zu beratschlagen, was man tun kann.
Da war eine Truppe von Schriftstellern von der bekannteren Sorte, zum Teil wohl auch Parteimitglieder. Die hatten sich tatsächlich zu einer Bitte an die Regierung durchgerungen, diesen Beschluss zu überdenken. Das war auf die Freundliche und Nette formuliert, so dass man wenig dagegen sagen konnte. An diese Erklärung haben sich viele angeschlossen und Unterschriftenlisten geliefert. In Jena, und ich weiß nicht, wo sonst noch. Es gab da eine ganze Menge Solidarität, vergleichsweise. Das hatte natürlich immer zwei Seiten. Die eine ist der Protest, der spürbar für so eine Staatsmacht wird. Die andere ist, dass alle Namen und Adressen auf den Listen die Leute liefern, die in Zukunft zu beobachten und zu drangsalieren sind.
Ich hätte gerne noch was gemacht. Ich habe mit Gerulf noch auf der Bude gehockt und wir dachten: Wir müssen einen Song schreiben, der alle umhaut, der uns berühmt macht. Einen, der macht, dass das Volk uns liebt, und was weiß ich nicht alles. Wir haben aber keinen zustande gekriegt, leider. Das war sehr traurig.
Christian Kunert, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de