Abschrift
Und dann kam der 17. Juni. Die Ursache für den 17. Juni war ja die Normerhöhung. Ich war da Brigadier – alle zehn Tage wurde abgerechnet. Da musste man mit seinen Unterlagen beim Oberbauleiter vorstellig werden, und der hat noch mal abgeprüft und unterschrieben, was man gemacht hat. Und da merkten wir ja schon, was los ist. Es kam ganz plötzlich die Verschärfung: zehn Prozent Normerhöhung.
Auf der Baustelle war ein Kulturhaus und die Baracken, wo jede Brigade saß. Ich hatte da 12, 13 Mann unter mir. Von da aus hörte man, wie sich die Brigadiere verständigten. Am 16. Juni hörten wir Radio. Abends nach Hause gekommen, Radio, Berlin RIAS eingeschaltet. Da hörten wir: In Berlin, Alex, hatten die Bauarbeiter schon die Arbeit niedergelegt. Und wir haben am 16. und 17. auch keinen Handschlag gemacht. Am 17. Juni sind wir wieder auf der Arbeitsstelle erschienen. Alle Brigadiere haben sich kurz zusammengesetzt. Wir haben beschlossen: Wir versammeln uns in unserem Kulturraum, wo wir auch zu Mittag aßen. Da versammelten wir uns und beschlossen weitere Maßnahmen. Da wurde die Streikleitung gewählt. Dann haben sich zehn Kollegen gemeldet. Der Bauleiter stellte uns eine Stenotypistin – die hat alle Punkte aufgeschrieben. Das sollte zur Streikleitung nach Berlin gebracht werden. Sicherheitshalber, wenn wir nicht durchkämen, sollten zehn Fahrräder fahren.
Heinz Grünhagen, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de