Abschrift
Es gab ja noch kein Twitter. Das heißt, wir mussten erst mal Schriftstücke zusammenstellen mit Gedächtnisprotokoll etc. Und dann konnte das auch nicht einfach so auf der Straße verteilt werden, sondern es musste gezielt an bestimmte Leute gegeben werden, die das dann in ihrem Umfeld wieder weiter verteilen. Und natürlich war das sehr schnell in Kirchengemeinden rum. Da haben wir zum Beispiel Post bekommen aus der ganzen DDR. Die haben dann auch irgendwann so ein DDR weiten Aktionstag gemacht. Also das war relativ gut koordiniert. Dann gab es zum Beispiel auch die Lehrerinnen, die uns geschrieben haben. Ich weiß nicht, wie die es erfahren haben. Es gab sogar Lehrerinnen, die an Margot Honecker, an die Bildungsministerin, geschrieben haben und sie gebeten haben, das noch mal zu überdenken. Es war sehr große Solidarität, weil alle die Verhältnismäßigkeit dieser Strafe gegenüber diesem relativ harmlosen Äußerungen oder Papieren, die wir da verfasst haben, gesehen haben. Auch Leute, die gar nicht mal unbedingt in der Opposition waren. Und das war, glaube ich, das Neue, dass zum Ersten Mal in der DDR-Geschichte so eine eigentlich alltägliche Geschichte plötzlich so eine große Solidaritätswelle ausgelöst hat, die uns in dem Fall zugute kam, aber die auch gezeigt hat, dass sich dieses Land wirklich verändert hat und dass die Zeit wirklich reif war für einen Systemwechsel.