Abschrift
Und dann gab es aber auch Gruppen, die eher langfristig arbeiten wollten, die dann eher theoretisch arbeiteten. Wie gesagt, wir müssen uns einen Kopf machen um Konzepte für ein anderes Leben und wir müssen einen langen Atem haben und wir müssen länger durchstehen und brauchen auch eine größere Basis. Es reicht nicht, dass wir fünf Freunde, zehn, fünfzehn Freunde uns zusammentun, noch ein paar Leute dazukommen, uns jede Woche oder alle zwei Wochen treffen, ab und zu eine öffentliche Aktion im Rahmen der Kirche machen – kirchliche Veranstaltungen zur Friedensdekade im Herbst, vielleicht zum Erntedank-Gottesdienst in der Umweltgruppe im Spätsommer oder im Herbst –, sondern wir müssen darüber hinausdenken. Und so gab es doch einen Zusammenhang und Zusammenhalt auch unter vielen dieser Gruppen. Und es gab nun die einen Gruppen, die für sich selbst etwas taten und meinten, wenigstens das muss getan werden, und sich wunderten, dass nun vielleicht der Staat selbst gegen kleine Baumpflanzaktionen oder gegen eine gemeinsame Fahrradtour, wo dann 30, 40, 50 Leute mit dem Fahrrad mal so wegfuhren, der Staat schon dagegen etwas hatte, weil es einfach Aufsehen erregte und nicht mehr so das Durchschnittsallerlei war. Und da gab es Leute, die da bewusst sich selbst politisch begriffen und sagten, wir müssen hier was tun, und alles, was wir tun, muss politisch sein, und alles, was wir tun, wird auch politisch sein. In einem System, was politisch ausgerichtet ist, ist jegliche Aktivität dagegen auch eine politische Tat und ist jede politische Tat immer auch eine Tat gegen das System.
Infolge eines Anstoßes aus Dresden und der großen Veranstaltung in Dresden 1982 am 13. Februar zum Sozialen Friedensdienst und anlässlich der Bombardierung von Dresden gab es dann in Leipzig auch die Friedensgebete. Man ist dann mehr oder weniger zufällig auf die Nikolaikirche gekommen und mehr oder weniger zufällig auf den Montag, weil einfach da noch Platz war im Rahmen einer Reihe von kirchlichen Veranstaltungen. Und wir haben uns dann die Nikolaikirche genommen und die Nikolaikirche war dann unser montäglicher Treffpunkt. Wöchentlich haben wir Friedens-, Menschenrechts- und Umweltgruppen uns getroffen in der Nikolaikirche, gemeinsam, also jeweils als Gruppe gemeinsam, die Friedensgebete veranstaltet zu verschiedenen Themen und uns davor und währenddessen und danach getroffen und ausgetauscht.
Rainer Müller, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de