Abschrift
Ich wurde in diesen Jahren immer aktiver in den Kreisen. Es kristallisierte sich die DDR-Friedensbewegung heraus, es trafen sich die Leute, die später auch die Initiative Frieden und Menschenrechte` gründeten. Ich habe also nach relativ kurzer Zeit des Hineinschnupperns selbst mitgemacht, mitdiskutiert, Sachen mitverfasst. Das blieb natürlich nicht unbemerkt.
Das war die erste stärkere Konsequenz: Man wollte nicht, dass ich mit dem, was ich da tue, Abitur mache. Dass das ganz kurz vor den Abiturprüfungen erst gelang, hat damit zu tun, dass ich in der Klasse, in der ich war, etliche couragierte Freunde hatte. Denn das Procedere, das eigentlich geplant und üblich war, ging so: Der Delinquent wurde mit einer Mehrheit der Klasse aus der FDJ ausgeschlossen, mit der Begründung, er sei aus den und den Gründen nicht mehr tragbar. Das hat als Grund gereicht, dass derjenige an einer sozialistischen Schule nicht mehr Abitur mache konnte. Es folgte auch gleich der Verweis von der Schule.
Bei mir war diese FDJ-Versammlung auch anberaumt, aber es fand sich nicht die nach Statut nötige Zweidrittelmehrheit, weil mehr als ein Drittel offen dagegen gestimmt hat. Es war allen klar, was von ihnen erwartet wird, dass das ein politischer Vorgang war. Das war ein ermutigendes Erlebnis. Es war schön, ein gewisses Maß an Zivilcourage um sich herum zu erleben, von Leuten, die sich nicht bewusst dazu entschieden hatten, sondern die plötzlich vor eine Entscheidung gestellt wurden. Deswegen hat sich das Ganze verzögert, und man konnte es nur noch im Eilverfahren, kurz vor den Abiturprüfungen, durchziehen.
Peter Grimm, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de