Abschrift
Frage: Wie wichtig war Ihr politisches Engagement für Ihren weiteren Lebensweg?
"Es hat mich sehr geprägt, politisch zu denken. Ich glaube, das hat es mir auch mit dem Studium einfach gemacht. Ich habe den Eindruck, dass mir das Vieles erleichtert hat – das Leben zu verstehen, zurecht zu kommen, Dinge zu bewerten, für sich zu beurteilen. Es ist auf jeden Fall sinnvoll, sich politisch zu engagieren. Das habe ich nie in Frage gestellt, auch wenn das ziemlich hoffnungslos aussieht.
Das ist auch was für die eigene innere seelische Hygiene. Man ist nicht nur ein Individuum, man lebt einfach in einer Gesellschaft. Dann gehört das dazu. Manchmal denke ich, dass es heute viel, viel schwerer ist, was zu tun. Dass es in der DDR viel leichter war, weil sie, weil das so klar war. Da sind, platt gesagt, die Bösen, und alle, die nicht die Bösen sind, sind irgendwie die Guten. Das ist heute viel komplexer und schwieriger, einen Weg zu finden, der für einen selber passt. Wo man den Eindruck hat: Ich kann mich hier ausdrücken, ich kann mich äußern, und ich kann auch was erreichen.
Da gibt es natürlich die Parteienarbeit, aber das scheint mir ziemlich aussichtslos. Zumindest ist es nicht mein Weg. Ich sehe für mich nicht die Möglichkeit, was zu erreichen. Muss aber gar nicht heißen, dass es nicht möglich ist, nur weil es für mich nicht der Weg ist. Ich denke, gut sind Selbsthilfegruppen – oder was man als solche bezeichnen kann. Solche, die sich einfach zusammenfinden und gucken: Wie kann ich mein eigenes Umfeld, mein eigenes Bild vergrößern? Wie kann ich meinen eigenen Einflussbereich vergrößern? Einfach gucken, von Gleichgesinnten ausgehen und sich dann austauschen.“
Dorothea Fischer, Zeitzeugin auf www.jugendopposition.de