Abschrift
„Ich würde mich als Gründungsmitglied bezeichnen. Ich dachte, ich brauche eine Gruppe oder einen Rahmen, außerhalb der Kirche, mit mehr Bewegungsfreiheit und mit mehr Sicherheit. So, dass es die Stasi nicht erfährt.
Und da habe ich mich mit Freunden zusammengetan. Wann war das? 1982. Dann kamen noch andere Freunde dazu. Wir waren uns bewusst, dass wir sorgsam auswählen, dass wir aber keine geschlossene Gruppe sein wollten. Wir wollten schon, dass auch andere zu uns stoßen können. Wir hatten verschiedene Schwerpunkte, auch, wer sich mit was inhaltlich beschäftigt, sich Gedanken macht. Zum Beispiel: Wie kann ich das Leben für die Kinder verbessern, wie kann ich Kinderspielplätze umbauen oder renovieren? Wie kann ich den Kindern etwas ermöglichen, Kinderfeste organisieren?
Ein anderer Schwerpunkt war natürlich Umwelt. Ein weiterer: Wie können wir den Kontakt zu den Kirchen halten, wie können wir das gestalten? Irgendwie müssen wir uns austauschen. Einerseits mit Kirchen, andererseits mit anderen, ähnlich gesinnten Gruppen. Wie gehen wir mit dem Staat um?
In diesem Zusammenhang glaube ich mich an unsere erste Aktion zu erinnern. Wir haben versucht, am Jahrestag der Bombardierung Jenas im zweiten Weltkrieg eine Gedenkveranstaltung zu machen, ganz offiziell. Das haben wir versucht, beim Rat der Stadt anzumelden. Das hat natürlich nicht geklappt. Ich weiß nicht, was das Problem war. Vielleicht, weil sie nicht selber auf den Gedanken gekommen sind. Und weil wir eine Friedensgemeinschaft waren, eine Friedensbewegung außerhalb der staatlichen. Wir wollten mit denen nichts zu tun haben.
Wenn ich mich recht erinnere, hat der Staat dann selber was organisiert und ins Leben gerufen – ganz schnell. Da haben wir gedacht: Na gut, dann beteiligen wir uns. Und zwar mit eigenen Transparenten. Wir haben uns Transparente gebastelt und versucht – als Zug oder als Einzelne oder als Teil von dem Zug – hinzugehen. Da sind wir dann von der Stasi eingekreist worden. Da sind uns unsere Transparente entrissen worden, zum Teil auch richtig gewalttätig.
Frage: Was wollten sie mit der Demonstration erreichen? Was war der Gedanke dahinter?
Wir wollten zeigen: Die Gesellschaft besteht nicht nur aus staatstreuen Bürgern. Wir gehören auch dazu, wir machen uns auch Gedanken, wir haben auch was zu sagen. Wir wollten auf die Bevölkerung wirken, wollten, dass sie merken: Aha, es stagniert nicht. Vielleicht hätte das jemandem Mut machen können: Hier gibt es jemanden, der neue Wege zu gehen versucht.“
Dorothea Fischer, Zeitzeugin auf www.jugendopposition.de