Abschrift
„Wir waren immer darauf aus, einen dritten Weg zu finden. Der Sozialismus mit menschlichem Antlitz, sozusagen. Das waren die Schlagworte, die bis Ende '89 von allen neu gegründeten Gruppierungen und Parteien noch gepredigt wurden. Das war auch wirklich die Hoffnung von allen. Uns ging es nicht darum, jetzt hier den Kapitalismus in irgendeiner Form zu etablieren oder eine Wiedervereinigung herzustellen. Das war völlig abnorm, überhaupt kein Thema. Am 9. November haben wir festgestellt: Das war der größte Fehler, den sie machen konnten, von Seiten der Partei. Wir konnten dann eigentlich nur noch mit der Situation umgehen. Uns war schlagartig klar, mit Öffnung der Mauer, dass sich die Situation der ganzen politischen Gruppierungen damit eigentlich ad absurdum führt.
Heute mache ich das, wofür ich damals den Grundstein gelegt habe. Im September 1990 haben wir die Zentrale der Staatssicherheit ein zweites Mal besetzt. Weil in einem Zusatz zum Einigungsvertrag geregelt war, dass die Akten 30 Jahre gesperrt werden und keiner reingucken kann. Aber die Geheimdienste können das Zeug weiter nutzen! Dagegen hatten wir natürlich was und haben dann das Haus Nummer sieben in der Normannenstraße besetzt. Damit haben wir erreicht, dass das Stasiunterlagengesetz in Kraft trat und direkt in den Einigungsvertrag aufgenommen wurde. Und vor allen Dingen, dass die Leute ihre Akten einsehen können. Daraus ist das Matthias-Domaschk-Archiv entstanden, das ich '92 mit Tom Sello und Anne Vogel offiziell gegründet habe.“
Frank Ebert, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de