Abschrift
War die Umwelt-Bibliothek von Spitzeln unterlaufen? Also Sie waren ja auf jeden Fall in Beobachtung.
Na, da gibts ja jetzt zwei Varianten der Geschichte. Die eine ist die – natürlich wie man es damals empfunden hat –, da hat man natürlich immer ein bisschen geguckt bei bestimmten Dingen, die man macht: Mit wem mache ich die, wo mache ich die und wann mache ich die. Zum Beispiel, wenn man sich mit ein paar Leuten des internen UB-Kreises sozusagen draußen trifft auf dem Teutoburger Platz und denkt, das ist dann abhörsicherer, als wenn man in Räumen ist, wo man sowieso weiß, das Ding wird definitiv abgehört, wird gefilmt, fotografiert, sonst irgendwas. Herrgott, das war uns ja bewusst. Andererseits haben wir aber auch gesagt, das, was wir tun, ist sowieso offiziell, es ist ja … also wir schreiben es auch in den „Umweltblättern“, also es ist ja drin. Wir brauchen es also nicht zu verstecken. Und ob sie es jetzt erfahren oder fünf Minuten später, das ist auch egal.
Und direkt sozusagen die Sicht heute: Ab 1988 beziehungsweise ab Gründung der Arche – das war eine Abspaltung der Umwelt-Bibliothek – gab es im internen Kreis der Umwelt-Bibliothek nach unserem heutigen Erkenntnisstand keinen inoffiziellen Mitarbeiter mehr. Die sind alle – das war auch wieder so ein Lapsus der Staatssicherheit, da haben sie vergessen ein bisschen aufzupassen –, die sind alle zur Arche gegangen und die Umwelt-Bibliothek war auf einmal im internen Kreis sauber. Die ganzen inoffiziellen Mitarbeiter haben auch dafür gesorgt, dass die Arche überhaupt gegründet wird. Ich gehe davon aus, dass die Arche eine Gründung ist, die einerseits sich konzentrieren sollte auf ökologische Themen, sprich: also die politischen Themen erst mal rausnehmen, das heißt also eine Abschwächung sozusagen der Formen des Widerstands, und andererseits die Sprengung sozusagen der Umwelt-Bibliothek als Gruppe. Das war, denke ich, das Ziel. Und das hat nicht geklappt. Danach hatten sie eigentlich noch eine viel stärkere UB, weil sie nämlich keine Maßnahmen mehr direkt ansetzen konnten innerhalb des internen Kreises. Und sie hatten auch auf einmal mit einer völlig anderen Generation zu tun. Sie hatten nicht mehr zu tun mit Wolfgang Rüddenklau, den sie in- und auswendig kannten, sie hatten nicht mehr zu tun mit Leuten, die aus irgendwelchen konspirativen Gruppen und Grüppchen kamen aus den 70er Jahren, irgendwelchen Lesezirkeln, sondern sie hatten mit Leuten zu tun, die eben mit Havemann und Bahro eigentlich relativ wenig am Hut hatten, die ihn zum Teil gar nicht kannten – außer vom Namen her, man wusste ja, na gut, irgendwie war da was –, die nicht Marx und Engels gelesen hatten von vorn bis hinten und den rezitieren konnten von oben bis unten. Sondern die hatten schlicht und ergreifend mit Leuten zu tun, die der Meinung waren, es muss was passieren.
Frank Ebert, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de