Abschrift
„Wir hatten relativ schnell das Kontakttelefon auf unserer Seite. Die saßen in der Gethsemanegemeinde und konnten dieses Telefon zur Informationsgewinnung nutzen, sprich: Leute anrufen in Leipzig, in Halle, in Plauen, je nachdem. Wo es aktuell etwas zu erfahren gab, was am Vortag an Demonstrationen passiert war, wie viele Leute verhaftet worden sind, wie die Polizei vorgegangen ist. Das wurde zum Teil sehr konkret. Mein Bruder war Polizist, der kam mal in die Gethsemane, mich besuchen. Er erzählte mir, wo die Polizisten sind, und was das für Einheiten sind. Das war insofern ganz witzig, als ich das während des Informationsteils meiner Andacht wunderbar verbraten konnte. Ich denke, es war für die Leute, die da von Seiten des Staates zuständig waren, äußerst beeindruckend, was wir für Information hatten. Wir hatten sie nur einmal, aber es hat Spaß gemacht, sie zu verwerten.
Wir hatten damals schon die Umweltblätter in telegraph` und der telegraph` umbenannt. Ich musste auch mal wieder arbeiten, etwas drucken. Es waren nur noch zwei Leute in der UB, die gedruckt haben, und das war natürlich zu wenig – bei dem Informationsfluss, den man hatte. Das war auch der Grund für die Umbenennung und Neugründung der Zeitschrift. Wir mussten schlicht und ergreifend eine völlig andere Informationsart finden. Der telegraph kam einmal in der Woche; manchmal erschien er aber auch von einem Tag auf den anderen. Da wurde dann gedruckt wie blöde. Bei der Mahnwache ging es natürlich auch um Informationen, es ging um das Informationsmonopol. Das war zwar noch nicht gebrochen, aber wir hatten eine Möglichkeit gefunden, auf andere Informationen aufmerksam zu machen. Und zwar für eine breite Bevölkerungsschicht. Die Leser der Umweltblätter, das war ein elitärer Kreis. Das waren im Endeffekt immer die Selben. Es kamen natürlich auch Neue hinzu, aber das hatte keine Massenwirksamkeit. Der telegraph hatte eine größere, eine 5.000er-Auflage. Damit haben wir angefangen. Er war durch die Gethsemanekirche in der Verbreitung wesentlich bekannter.“
Frank Ebert, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de