Abschrift
„An und für sich ein Bibliotheksabend wie jeder andere, nur dass wir in einem kleineren Kreis beschlossen hatten, danach unsere Auflage der Umweltblätter zu drucken. Was nur ganz wenige Leute wussten: Wir wollten bis Zwölf die Auflage der Umweltblätter drucken und ab Zwölf die Zeitung eines befreundeten politischen Kreises, der Gruppe Grenzfall`, die außerkirchlich Menschen gegen das System bearbeitete und eine Zeitung herausgab.
Diese Information scheint der Staatssicherheit bekannt geworden zu sein. Wir waren jedenfalls am Drucken der Umweltblätter, plötzlich sprang die Tür auf, und mit einem riesigen Gepolter füllte sich der Raum mit etwa zwanzig Stasileuten. Jeder saß irgendwie rum, las, die Maschine druckte, im Hintergrund lief Ton Steine Scherben: Keine Macht für Niemand`. Ohne Scheiß. Die Musik lief weiter, weil in dieser Hektik gar keiner auf die Idee kam, sie auszumachen. Die hielten uns die Pistole an den Kopf zwangen uns aufzustehen, uns im Vorraum in einer Ecke zu versammeln und durchsuchten die Bibliothek. Minuten später kam Pfarrer Simon hinunter in den Keller, und wir hatten die Geistesgegenwart, ihm zuzurufen, er solle Bärbel Bohley verständigen, was er umgehend tat. Er drehte sich auf dem Absatz um, ging hoch, rief Bärbel an, und eine halbe Stunde später war es in allen Nachrichten.
Alle wurden verhaftet, unten zusammengesammelt, aus der Galerie, aus dem Druckraum. Dann wurden alle nach Rummelsburg gebracht.“
Till Böttcher, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de