Abschrift
„Zur Umwelt-Bibliothek bin ich 1988 gekommen. Bekannt war sie mir aus Film, Funk und Fernsehen, durch die Aktion, die die Staatssicherheit da 1987 durchgezogen hat und natürlich auch durch Bekannte. Ich habe in der Galerie oben erstmal den Tresen gemacht: Getränke einkaufen, ausschenken, Ausstellung aufbauen. Irgendwann rief Wolfgang Rüddenklau, einer der Mitbegründer der Umwelt-Bibliothek, quer durchs Treppenhaus, ich soll sofort runterkommen. Er braucht mich jetzt. Dann stand ich auf einmal vor einer hässlichen, alten, dreckigen Druckmaschine und habe mir sämtliche Klamotten versaut, die ich anhatte. Ich fing an zu drucken, und das war's dann. Seitdem habe ich alles Mögliche gedruckt. Wir waren mehrere Drucker: Till, Uta, Fritz Kühn und ich. Die Maschinen sind zum Teil aus West-Berlin gekommen, sozusagen als illegale Spende, über Diplomatenwege. Da hat man dann wieder den Strich nach Jena, über Ex-Jenenser, zum Beispiel Peter Rösch oder Leute wie Wilhelm Knabe, der Mitbegründer der Grünen. Der hat mal eine mitgebracht.
Die Sachen kamen auf den unterschiedlichsten Wegen zu uns, größtenteils, soweit ich es überhaupt weiß, über Korrespondenten. Die Matrizen genauso. Papier haben wir hier gekauft, wenn es denn welches gab. Wir haben Leute von außerhalb, wenn sie aus Mecklenburg oder aus Sachsen-Anhalt oder aus Sachsen kamen, angehalten, Papier mitzubringen. Papier war Mangelware. Es gab ja viel an so genanntem ökologischen Bewusstsein. Es gab sehr viele Ökogruppen. Inzwischen gab es auch die Arche`, es gab so genannte Grüne`. Der Begriff Umwelt` bezieht durchaus auch die politische Auseinandersetzung mit ein. Ansonsten hätten wir es Öko-Bibliothek genannt. Das war für mich das einzig Richtige.
Ich wurde einmal zugeführt, da bin ich mit Wolfgang Rüddenklau und Tom Sello und noch irgendjemanden zur Kirche von unten` gelaufen und hatte den Rucksack voller frisch gedruckter Flugblätter. Direkt gegenüber der KvU` [Kirche von Unten] war ein Polizeirevier. Da kamen zwei Polizisten raus, direkt auf mich zu. Guten Tag Herr Ebert`, ganz freundlich. Kommen sie mal mit.` Gut, bin ich mit. Und dann rief Rüddenklau mir noch hinterher: Frank, der Rucksack! Den brauchst Du doch nicht!` Stimmt, ja.` Den Rucksack abgegeben. Das haben sie auch zugelassen. Den Rucksack abgegeben und dann da hinein. Erst drinnen haben sie gefragt, wo der Rucksack ist. Die wussten also, dass wir frisch gedruckte Flugblätter hatten und wollten die natürlich haben. Leider wussten das aber die beiden Polizisten nicht, die mich geholt hatten. Und da habe ich dann, dezent gesagt, einen in die Fresse bekommen. Eine halbe Stunde später kam schon die Nachricht über 100,6. Das hatte schon wieder jemand gemeldet, und ich war eine Stunde später wieder draußen.“
Frank Ebert, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de