Abschrift
Bei einem Jazz-Festival habe ich ein paar Leute aus der Umwelt-Bibliothek kennen gelernt. Und da ich ja nun mal Bibliothekarin war, haben die mich auch gefragt, ob ich mitarbeiten würde. Nach ein paar Monaten habe ich mich da mal hingetraut. So einfach war das gar nicht, weil diese Politszene in sich sehr abgeschlossen war. Ich hatte immer das Gefühl, die misstrauen einem, weil alle anderen sowieso bei der Stasi waren. Die ganz normale Paranoia, die in der DDR lief.
Das war für mich erstmal eine interessante Art von Arbeit. Endlich mal an einem Projekt mitzuarbeiten, wo ich wirklich das Gefühl hatte: Damit sage ich auch, was ich will, was ich für wichtig halte. Mit Wolfgang [Rüddenklau] habe ich angefangen zu drucken. Mit so einem Wachsumdrucker, den man noch mit Kurbel bedienen musste. Da brauchte man immer drei Leute: Einer kurbelte, einer legte das Papier ein, und einer hielt den Finger auf eine ganz bestimmte Stelle, sonst wäre das Papier nicht herausgekommen. Später haben wir auch Maschinen gekriegt, so kleine Wachsmatrizenmaschinen. Und dann wurden die Auflagen von der Umwelt-Bibliothek größer.
Frage: Was für Leute haben die Umwelt-Bibliothek genutzt?
Das waren ganz unterschiedliche Leute, viele junge. Die waren so ab 15 oder 14, bis in jede Altersgruppe. Die haben nach Themen gesucht, über Umweltproblematiken geschrieben oder sich mit Wehrdienstverweigerung auseinander gesetzt. Es gab auch Leute von der Uni, von der Humboldt-Uni. Ich habe Studenten von uns getroffen, die sich allerdings abgemeldet haben, nachdem sie gemerkt haben, dass ich da auch mitarbeite – weil sie einfach Angst um ihren Studienplatz hatten. Weil die mir genauso misstraut haben, wie ich ihnen misstraut habe.
Uta Ihlow, Zeitzeugin auf www.jugendopposition.de