Abschrift
Moderatorin:
„Zeitgleich mit dem Kirchentag von Unten gab es in Berlin die Friedenswerkstatt. Die Friedenswerkstatt ist ein aus der Friedensbewegung hervorgegangenes Forum für basisdemokratische Gruppen. Miteinander streiten, solidarisch leben` war das Motto der diesjährigen Friedenswerkstatt auf dem Gelände der Erlöserkirche. Im letzten Jahr gab es zwar auch eine Friedenswerkstatt, aber nicht in der Erlöserkirche und auch erst im November. Die Kirchenleitung hatte wohl keinen Bock auf Zoff mit dem Staat. Deshalb wurde es schon als Erfolg bewertet, dass es in diesem Jahr möglich war. 1.000 bis 2.000 Teilnehmer tummelten sich in und um die Erlöserkirche. Gruppen, die zu Zwei-Drittel-Welt, Umwelt und Frieden arbeiten, stellten sich vor. Diskutiert wurde auch hier über IWF und Sondermüllbeseitigung und natürlich auch über den Staat. Auf Anregung einer Gruppe von Wehrdienstverweigerern kam es dann zu einer Enthüllung: Die Plastik Der unbekannte Deserteur` wurde im Garten der Erlöserkirche vorgestellt. Der unbekannte Deserteur` ist ein riesiger Doppel-T-Stahlträger, längsseits aufgeschweißt und auseinandergebogen. Im selben Garten trollten sich dann die lieben Kleinen im Sandkasten. Friedlich nebeneinander präsentierten sich auch die Umweltblätter und das neueste Pressewerk der Arche, die Arche Nova, obwohl gut unterrichtete Kreise wissen, dass es zwischen beiden Gruppen weniger friedlich zugeht. Was die Umweltblätter sind, dürfte mittlerweile jedem Glasnost-Hörer bekannt sein.
Wir befassen uns zum Schluss dieser Sendung kurz mit dem Infoblatt 1 des Ökologischen Netzwerks Arche: die Arche Nova.“
Sprecher:
„Arche Nova und Arche-Info: Den Prinzipien von Glasnost und Perestroika verpflichtet, wollen Arche Nova und Arche-Info berichten und informieren über Umweltprobleme, belastungenen und zerstörungen in unserem Land und über die Zusammenhänge und Auswirkungen dieser Probleme auf das soziale, kulturelle und politische Leben in unserer Gesellschaft. Dabei werden vorrangig solche sozio-ökologischen Probleme benannt, die gesamtgesellschaftlicher Natur sind und sich nicht durch Öko-Ratschläge für individuelles Verhalten beseitigen lassen. Das riecht nach Skandaljournalismus, ist es in einigen (vielen?) Fällen auch; aber die schonungslos kritische und offene Analyse unserer Umweltsituation schließt auch die Vorstellung und Diskussion neuer und alternativer Denkansätze und Konzepte zu Lösungen dieser Probleme ein. Arche Nova wird problematisieren, meckern und streiten, aber als Forum für ökologische Gestaltung in Umwelt und Gesellschaft vor allem konstruktiv am Leben in der DDR mitwirken.
Arche Nova will den Informationsfluss verbessern und die Zusammenarbeit in Sachen Umwelt im kirchlichen Bereich fördern. Dazu sind subjektive Schilderungen, Berichte, Reportagen und genaue Analysen zur Situation unserer Umwelt vonnöten. (Schließlich sind wir bei Eingaben entsprechend der Landschaftsschutzverordnung zum Nachweis der Schäden verpflichtet, obgleich der bekannte Ministerratsbeschluss dies rückgängig zu machen scheint.) Alle, die daran mitarbeiten wollen, sind willkommen, egal ob es Mitglieder anderer kirchlicher, alternativer und autonomer Basisgruppen oder kirchliche oder gar staatliche Vertreter sind. Niemand wird ausgegrenzt.
Jede Arche Nova wird ein bis zwei thematische oder regionale Schwerpunkte haben. In der vorliegenden ist es anlässlich des Weltumwelttages der mitteldeutsche Raum mit seinen gravierenden Umweltproblemen. Entsprechend unserer Absicht werden Betroffenheitsberichte durch medizinische Untersuchungen und chemische Analysen des Abwassers objektiviert und mit dem Vorstellen der Entschwefelungsmethoden und eines Energiekonzeptes Lösungsansätze geboten.
Entsprechend des Presserechtes der DDR ist Arche Nova kein Periodikum, wird unregelmäßig, im Durchschnitt alle zwei bis drei Monate, ohne Nummerierung, aber mit Impressum erscheinen und über die landeskirchlichen Anlaufstellen an haupt- und ehrenamtliche kirchliche Mitarbeiter sowie kirchliche Basisgruppen landesweit verteilt. Arche-Info erscheint ebenfalls unregelmäßig und zu besonders festlichen` oder schwerwiegenden Anlässen; es ist vor allem ein Info für die landeskirchliche Region Berlin-Brandenburg. In Leipzig wurde ebenfalls eine erste regionale Arche-Info herausgegeben. Vielleicht findet dies Nachahmung in den anderen landeskirchlichen Bezirken.“
Quelle: Radio Glasnost, Juni 1988