Keine Wahl – Die Volkskammerwahlen von 1950
Der 15. Oktober 1950 ist der Tag, an dem in der DDR erstmals Wahlen zur Volkskammer sowie zu den Landtagen und Kommunalvertretungen stattfinden. Zur Abstimmung steht eine Einheitsliste der Kandidaten der Nationalen Front. Damit wird dem Wahlvolk jegliche Entscheidung genommen: Entweder stimmt der Wähler der gesamten Liste zu, oder er lehnt sie ab. Es ist nicht möglich, einzelne Abgeordnete zu wählen.
Sämtliche Abgeordnetenmandate sind bereits vor dem Wahltag auf die SED und die unter ihrer Vorherrschaft geduldeten Blockparteien und Massenorganisationen nach einem festen Schlüssel verteilt. Die SED erhält 25 Prozent, die vier Blockparteien je 10 Prozent, und die restlichen Sitze gehen an die Massenorganisationen. Die absolute Mehrheit für die SED ist dennoch garantiert, denn die Abgeordneten aus den Massenorganisationen sind mehrheitlich SED-Mitglieder. Hierzu gehören: der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB), die Freie Deutsche Jugend (FDJ), der Demokratische Frauenbund Deutschlands (DFD) und der Kulturbund. Im Jahre 1950 außerdem dabei: die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB), die Konsumgenossenschaften sowie die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN).
Der Wahlakt selbst ist nicht mehr als die bloße Abgabe der Stimmzettel. Offiziell wird bekannt gegeben, dass die Einheitsliste bei der Wahl 1950 eine Zustimmung von 99,7 Prozent erhalten hat. Viele Jugendliche vermuten deshalb Wahlbetrug.
Am 15. Oktober 1950 werden die Weichen gestellt: Sämtliche Urnengänge in den folgenden Jahrzehnten sind ebenfalls Scheinwahlen. Freie Wahlen werden erst möglich, als ein Ende der DDR bereits abzusehen ist: am 18. März 1990. Zu diesem Zeitpunkt muss sich die SED dem Druck der Friedlichen Revolution vom Herbst 1989 beugen.
Zitierempfehlung: „Keine Wahl – Die Volkskammerwahlen von 1950“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Dezember 2019, www.jugendopposition.de/145343
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