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Erklärung aller Fraktionen des Deutschen Bundestags in der gegen die undemokratische Art der Volkskammerwahlen vom 15.Oktober 1950 in der DDR Stellung bezogen und die Bundesregierung zu verschiedenen Maßnahmen auffordert wird. Nur die kommunistische Fraktion entzieht sich der Stellungnahme. Quelle: Archiv der Sozialen Demokratie, Seite 1 von 2
Abschrift:
Erklärung aller Fraktionen des Deutschen Bundestags mit Ausnahme der kommunistischen, die gegen die undemokratische Art der Volkskammerwahlen vom 15.Oktober 1950 in der DDR Stellung bezieht und die Bundesregierung zu verschiedenen Maßnahmen auffordert.
Gegen Terror, Fälschung und Lüge
Der Vorsitzende des gesamtdeutschen Ausschusses, Herbert Wehner (SPD), verlas im Namen aller Fraktionen des Bundestages, mit Ausnahme der kommunistischen Fraktion, folgende Erklärung:
Mit den Mitteln des Terrors, der Fälschung und der Lüge wollen sich die kommunistische "Sozialistische Einheitspartei" und ihre Satellitengruppen am 15. 10. 1950 die Vollmacht erpressen, ihre Politik der Bolschewisierung der sowjetischen Besatzungszone fortzuführen und mittels der kommunistisch gelenkten "Nationalen Front" auf das übrige Deutschland auszudehnen.
Im Namen der ihrer Freiheit beraubten Menschen in der sowjetischen Besatzungszone und im Namen des ganzen deutschen Volkes erklärt der Deutsche Bundestag:
Die kommunistischen Machthaber in der sowjetischen Besatzungszone haben den Vorschlag der Bundesrepublik Deutschland zur Abhaltung freier, allgemeiner, gleicher, geheimer und direkter Wahlen für eine gesamtdeutsche Nationalversammlung abgelehnt. Die Bevölkerung der sowjetischen Besatzungszone hat keine freie Presse, keinen freien Rundfunk. Sie hat nicht das Recht, in freier Rede und durch freie politische Parteien ihre wirkliche Meinung über den kommunistischen Diktaturstaat zu äußern. Die Freiheit des Geistes und des Glaubens wird unterdrückt. Jetzt soll die Bevölkerung durch die herrschende Clique - unter Bruch sogar der vom kommunistischen "Volkskongreß" aufgezwungenen "Verfassung" - am 15. Oktober in der Form einer öffentlichen Wahldemonstration gezwungen werden, diesem Regime und seinem Unterfangen, ganz Deutschland an Sowjetrußland auszuliefern, ihre Zustimmung zu geben.
Die Vorbereitungen zum 15. Oktober lassen klar erkennen, daß die mit allen Mitteln zu den Wahllokalen getriebene Bevölkerung diesmal gezwungen werden soll, die sogenannten Stimmzettel offen abzugeben. Es wird ihr die Möglichkeit genommen, nein zu sagen oder auch nur den Wahlzettel ungültig zu machen. So werden die Menschen gepreßt, ihre Ueberzeugung zu verleugnen und Kandidaten zu wählen, die sie hassen und verachten.
Diese Terrorwahlen können in keiner Weise als Ausdruck des wahren Willens des deutschen Volkes in der sowjetischen Besatzungszone betrachtet werden. Alle rechtlichen und politischen Schlußfolgerungen, die die kommunistischen Machthaber oder die sowjetische Besatzungsmacht aus ihnen ziehen, sind null und nichtig.
Der Deutsche Bundestag unterbreitet der Organisation der Vereinten Nationen diesen ungeheuerlichen Rechtsbruch und den verbrecherischen Mißbrauch, den ein Mitgliedstaat der Vereinten Nationen mit dem deutschen Volk treibt. Der Deutsche Bundestag bittet die Vereinten Nationen, den Rechtsbruch zu verurteilen und dadurch den Glauben des deutschen Volkes an die Geltung von Recht und Freiheit in der Welt zu stärken.
Von der Bundesregierung erwartet der Bundestag, daß sie im Sinne der vom Herrn Bundeskanzler am 21. Oktober 1949 ausgesprochenen Erklärung handelt. "Die Bundesrepublik Deutschland fühlt sich auch verantwortlich für das Schicksal der 18 Millionen Deutschen, die in der Sowjetzone leben."
Der Bundestag beschließt:
"Die Bundesregierung wird aufgefordert:
1. das deutsche Volk und die Welt über die Zustände der Rechtlosigkeit unter der kommunistischen Diktatur in der sowjetischen Besatzungszone in stetiger Folge nachhaltig zu unterrichten;
2. die Besatzungsmächte in aller Form zu bitten, in allen vier Besatzungszonen freie, allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlen zu einem gesamtdeutschen Parlament unter internationaler Kontrolle vornehmen zu lassen;
3. gegen alle Personen, die an den Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der sowjetischen Besatzungszone beteiligt sind, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Strafverfolgung einzuleiten;
4. gegen alle Personen vorzugehen, die im Auftrag und im Sinne der auf Gewalthandlungen abzielenden Beschlüsse des III. Parteitages der kommunistischen SED und des "Nationalkongresses" wirken;
5. den Widerstand Berlins gegen die kommunistische Diktatur mit allen wirtschaftlichen und politischen Mitteln zu stärken als Beweis für den Ernst und die Beharrlichkeit des Willens der Bundesrepublik zur Wiedervereinigung Deutschlands in einem freien Rechtsstaat.
Der Deutsche Bundestag erklärt den unerschütterlichen Willen des ganzen deutschen Volkes zu seiner nationalen Einheit.
Er stellt fest, daß kein Terror den Freiheitswillen der Menschen in der sowjetischen Besatzungszone hat brechen können.
Die kommunistische Zwangsherrschaft bestünde nicht ohne die sowjetische Besatzungsmacht. Ihre Handlanger vergehen sich stündlich an Deutschland und der Menschheit.
Das deutsche Volk sieht in der Anerkennung der Oder-Neiße-Linie, in der Verteidigung der unmenschlichen Behandlung deutscher Kriegsgefangener und Verschleppter, in der Mißachtung des Schicksals und des Heimatrechts der Vertriebenen Verbrechen an Deutschland und gegen die Menschlichkeit. [] Der Deutsche Bundestag spricht allen, die für diese Verbrechen verantwortlich sind und die die Einverleibung Deutschlands in das Fremdherrschaftssystem betreiben, das Recht ab, im Namen des deutschen Volkes zu handeln.
Das kommunistische System bedeutet Vernichtung der Menschenrechte, Versklavung der arbeitenden Menschen, Verewigung von Hunger, Elend und Ausbeutung.
Die kommunistischen Machthaber sind die wahren Kriegshetzer gegen das eigene Volk.
Das deutsche Volk will den Frieden in der Freiheit nach innen und außen, den Frieden in der Gemeinschaft freier Völker.
Der Deutsche Bundestag appelliert an die Demokratien der Welt, dem deutschen Volk in diesem Kampfe beizustehen."
Die Erklärung wurde vom Bundestag mit Ausnahme der Kommunisten einstimmig angenommen.
SPD
Herausgeber: Vorstand der SPD
Druck: Westfalendruck GmbH. u. Co., K.-G.
Quelle: Archiv der Sozialen Demokratie
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