Abschrift
Zuletzt waren wir drei Leute gewesen: der Siegbert Schefke, meine Wenigkeit und dann noch eine dritte Person, die am Ende, wie sich dann herausstellte, seit ihrem 16. Lebensjahr bei der Stasi arbeitete und fast den gesamten Zeitraum unserer Zusammenarbeit auch bei uns war, also dieser Arbeit bei uns war. Und in Stasi-Akten habe ich das dann mal später gefunden, beschwerte sich dann dieser Mann, warum wir denn noch nicht längst im Gefängnis sitzen würden, weil, er hätte doch nun schon so viele Beweise gesammelt, also dass er gar nicht verstehen könne, wieso wir da immer noch weitermachen können. Und das ist dann am Ende auch eine interessante Frage geblieben, warum wir das eigentlich zweieinhalb Jahre lang unter äußerster Öffentlichkeit … Und es war ja auch nicht so schwierig, uns zu identifizieren in diesem Land, also so groß war die DDR nun auch wieder nicht, dass man nicht ungestört so seinen Film- und Fotoarbeiten nachgehen konnte, und vor allen Dingen, wenn der dritte Kameramann also noch ein IM war.
Also eine These, die ich dazu habe oder mal hatte, war, dass man im Grunde genommen das wollte, dass wir das machen, weil da ein gesellschaftlicher Transformationsprozess im Gange war, der eigentlich am besten von den Menschen zu beurteilen war, die über die Kenntnisse über Zahlen z. B., also über Staatszahlen, Verschuldung … die wussten, wie so `n Buchprüfer in einer Firma, der dann sagt: Oh, also wir können jetzt noch einen Monat genau Gehälter zahlen, dann können wir nicht mehr die Mieten bezahlen, dann können wir das und das nicht mehr machen. Wir lebten ja, das darf man mal nicht vergessen, in der DDR in so einer Welt so des scheinbaren Schlaraffenlandes. Also man fragte ja nicht, wo kommt irgendwas her. Also es hieß dann irgendwie so ganz abstrakt Volkseigentum dazu, aber es war eben keine … es war eben nicht klar gewesen, also wie viel hat denn das Volk nun erarbeitet. Was ist denn nun so im Portemonnaie drin, im großen. Ich glaube, dass Leute, die also von Staats wegen oder von Berufs wegen also mit der Analyse der DDR beschäftigt waren, also wie die Staatssicherheit, das brachte ihr Job eigentlich mit sich, eben auch sehen konnten, dass diese Zeit endlich war und dass man eben irgendwann an eine Stelle geraten musste ökonomisch, wo eben ein Break kommen musste und wo man irgendwie eine Lösung brauchte.
Ich glaube, dass der Job, den wir gemacht haben, dass der gut dafür war, also diesen Transformationsprozess von dem einen Zustand in den anderen also mitzuhelfen stattfinden zu lassen. Sonst hätte man uns eigentlich auch totschlagen können. Also so schlimm ist das nun auch nicht gewesen, da wie zwei Jungs … Also ich meine, da gibt es den Matthias Domaschk und so viele Geschichte, die inzwischen erzählt wurden. Da ist das wesentlich unkomplizierter gewesen, jemandem Schaden zuzufügen, auch in jungen Jahren. Und dass man uns dabei nicht gehindert hat also und das beziehungsweise unter Aufsicht hat stattfinden lassen, wirft zumindest die Frage auf … Also wenn es nicht die Frage der Neugierde der Staatssicherheit war, dann wirft es tatsächlich die Frage auf, warum ist das eigentlich möglich gewesen. Und die eine Antwort heißt, vielleicht wollte das auch jemand. Also am Ende führten diese Bilder ja auch zu Zuständen oder die trugen dazu bei, Zustände mit zu verändern. Und wenn das sozusagen im Ergebnis gewünscht war, dann machte unsere Arbeit insofern auch ihren Sinn.
Aram Radomski, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de