Abschrift
Ich war sehr neugierig, manchmal möglicherweise auch ein bisschen zu neugierig für das, was da so in Mecklenburg-Vorpommern notwendig war. Ich habe als Kind auch unbequeme Fragen gestellt, bei denen ich oftmals spürte: Ich kriege darauf keine Antworten. Warum sind wir hier allein im Land? Warum kommen denn die anderen nicht rüber zu uns, wenn es hier so schön ist?
Man darf nicht vergessen: Ich war das Kind eines Schriftstellers, der als Staatsfeind und verbotener Autor in der DDR lebte. Er wurde dementsprechend verfolgt und drangsaliert. Da war es als Jugendlicher mit 14, 15 gar nicht so schwierig gewesen, diesen Sachverhalt, da es sich um die eigenen Eltern handelte, zu betrachten und zu sagen: ´Oh, da werden ja meine Eltern schikaniert`. Da hat man keine politische Vorbildung, sondern reagiert ganz emotional. Ich habe mich sehr schnell auf die Seite meines Vaters gestellt und versucht zu verstehen, was Recht und was Unrecht ist. Ich konnte eigentlich nichts Unrechtes daran erkennen, ein Buch zu schreiben, in dem man bestimmte Sachverhalte aufzählt, die das Alltagsleben in der DDR betrafen.
Ich habe das erste Mal mit der Staatssicherheit zu tun gekriegt, da war ich, glaube ich, 15 Jahre alt. Da wurde ich unter irgendeinem Vorwand vernommen. Mein Vater hatte damals sein erstes Buch im Fischer-Verlag im Westen veröffentlicht. Man versuchte, ihm in dieser Angelegenheit irgendwie auf den Grund zu gehen und befragte unter anderem mich. Am Ende war das so unangenehm gewesen, dass ich das erste Mal so einen jugendlichen Hass auf diese Leute bekam, weil das eine richtige Penetranz hatte. Schlimmer war, dass man sich das sozusagen in seiner Kinderphantasie vorgestellt hat. Ich sollte am Ende meinen Vater verraten.
Aram Radomski, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de