Der Feind lauert im Westen: Am 15. Oktober 1950 finden in der DDR die ersten Volkskammerwahlen statt. Bereits im Vorfeld gibt es erhebliche Proteste gegen den undemokratischen Wahlmodus. Die Ergebnisse dieser Wahlen werden, wie die aller nachfolgenden, gefälscht. Das Plakat zeigt die kommunistische Propaganda, nach der die westlichen Staaten mit faschistischen Regimes gleichzusetzen seien. Das soll vermitteln, dass nur das kommunistische Weltsystem den Frieden garantieren könne. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft / RHG_Fo_HAB_17354
An die Feinde des demokratischen Aufbaus in der DDR: Wahlplakat zur Volkskammerwahl vom 15. Oktober 1950. Hier wird die Zustimmung für die Kandidaten der Nationalen Front demagogisch mit der Zustimmung für Frieden und Freiheit verknüpft. Ist also jemand gegen den Wahlvorschlag, aus welchen Gründen auch immer, ist er automatisch gegen Frieden und Freiheit. Diese Form der Argumentation wird in der DDR bis zu ihrem Ende beibehalten. Quelle: BStU, MfS, BV Halle AP 1093/56, Bd. 2
Der Widerstand gegen die undemokratischen Volkskammerwahlen vom 15. Oktober 1950 geht oftmals von Schülern und Studenten aus. Der 18-jährige Oberschüler Hermann Joseph Flade benutzt unter anderem die Rückseite dieses offiziellen Wahlplakats für die Herstellung seiner Flugblätter, die er kurz vor den Wahlen in seinem Heimatort Olbernhau verteilt. Quelle: BStU, Ast Chemnitz, AST 12/52 GA/Beiakte II und III
Ihrer Verfassung nach ist die DDR eine föderalistisch organisierte und parlamentarisch regierte Republik, in der es Gewaltenteilung und ein Mehrparteiensystem gibt. Doch die Sitzverteilung in der Volkskammer steht schon vor den eigentlichen Wahlen fest. Die Einheitslisten der Nationalen Front, in der die SED den Ton angibt, können nur insgesamt bestätigt oder abgelehnt werden. Im Bild: ein Wahlplakat zur Volkskammerwahl vom 15. Oktober 1950. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft / MDA_Pla_0006
In den Wochen vor der Volkskammerwahl vom 15. Oktober 1950 müssen die Hausgemeinschaften die Verpflichtung unterschreiben, geschlossen zur Wahl zu gehen. Sie wird in Form der hier abgebildeten Plakate an den Häuserwänden angebracht. Quelle: Der große Wahlbetrug am 15. Oktober 1950 in der sowjetischen Besatzungszone, hrsg. v. Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, o. D., o. O. Abschrift
Vor den Wahlen zur Volkskammer am 15. Oktober 1950 wird eine Kinderzeichnung als Vorbild für die Themengestaltung im Schulunterricht benutzt. Quelle: Der große Wahlbetrug am 15. Oktober 1950 in der sowjetischen Besatzungszone, hrsg. v. Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, o. D., o. O.
Erklärung aller Fraktionen des Deutschen Bundestags in der gegen die undemokratische Art der Volkskammerwahlen vom 15.Oktober 1950 in der DDR Stellung bezogen und die Bundesregierung zu verschiedenen Maßnahmen auffordert wird. Nur die kommunistische Fraktion entzieht sich der Stellungnahme. Quelle: Archiv der Sozialen Demokratie, Seite 1 von 2 Abschrift
Erklärung aller Fraktionen des Deutschen Bundestags mit Ausnahme der kommunistischen, die gegen die undemokratische Art der Volkskammerwahlen vom 15.Oktober 1950 in der DDR Stellung bezieht und die Bundesregierung zu verschiedenen Maßnahmen auffordert. Quelle: Archiv der Sozialen Demokratie, Seite 2 von 2 Abschrift
Einheitsliste der Kandidaten der Nationalen Front zu den Volkskammerwahlen vom 17. Oktober 1954. Quelle: Volkswahlen, Wahlterror, Wahlbeeinflussung und Wahlbehinderung bei den Wahlen zur Volkskammer am 17. Oktober 1954 in der Sowjetzone. Dokumente und Materialien, hrsg. v. Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, o. D., o. O. Abschrift
Die Propaganda macht auch vor Kindern nicht halt: Diktat im sechsten Schuljahr über die Volkskammerwahl vom 17. Oktober 1954. Quelle: Volkswahlen, Wahlterror, Wahlbeeinflussung und Wahlbehinderung bei den Wahlen zur Volkskammer am 17. Oktober 1954 in der Sowjetzone. Dokumente und Materialien, hrsg. v. Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, o. D., o. O. Abschrift
Der 15. Oktober 1950 ist der Tag, an dem in der DDR erstmals Wahlen zur Volkskammer sowie zu den Landtagen und Kommunalvertretungen stattfinden. Zur Abstimmung steht eine Einheitsliste der Kandidaten der Nationalen Front. Damit wird dem Wahlvolk jegliche Entscheidung genommen: Entweder stimmt der Wähler der gesamten Liste zu, oder er lehnt sie ab. Es ist nicht möglich, einzelne Abgeordnete zu wählen.
Der Wahlakt selbst ist nicht mehr als die bloße Abgabe der Stimmzettel. Offiziell wird bekannt gegeben, dass die Einheitsliste bei der Wahl 1950 eine Zustimmung von 99,7 Prozent erhalten hat. Viele Jugendliche vermuten deshalb Wahlbetrug.
Am 15. Oktober 1950 werden die Weichen gestellt: Sämtliche Urnengänge in den folgenden Jahrzehnten sind ebenfalls Scheinwahlen. Freie Wahlen werden erst möglich, als ein Ende der DDR bereits abzusehen ist: am 18. März 1990. Zu diesem Zeitpunkt muss sich die SED dem Druck der Friedlichen Revolution vom Herbst 1989 beugen.
Zitierempfehlung: „Keine Wahl – Die Volkskammerwahlen von 1950“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Dezember 2019, www.jugendopposition.de/145343
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„Ingesamt 130,5 Jahre Zuchthaus für die 19 Angeklagten. Urteile zwischen zwei und 15 Jahren. Am nächsten Tag war eine große Auseinandersetzung. Aus den Protokollen geht hervor, dass die Eltern bereits früh um neun Uhr vor dem Gerichtsgebäude waren. Ausgeharrt haben sie bis nachts um ein Uhr, unter strenger Bewachung und völlig abgeschirmt. Volkspolizei, großes Aufgebot. Der Staatsanwalt hat den Eltern zugesagt, sie könnten uns am nächsten Tag besuchen. Dem wurde stattgegeben, eine knappe Stunde Besuchszeit.“
Quelle: Zeitzeugeninterview mit Achim Beyer am 11. Oktober 1998, Sächsischer Landesbeauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur