Leipzig 1971. Mit 19 Jahren wird Christian Kunert Keyboarder bei der Band Renft. Diese wird 1975 endgültig verboten. Gerulf Pannach, seinem Musikerkollegen, wurde schon zuvor ein Auftrittsverbot erteilt, Klaus Renft lässt ihn jedoch illegal während ihrer Konzerte solo auftreten. Zusammen mit Gerulf Pannach, von dem viele kritische Texte der Band stammen, versucht Christian „Kuno“ Kunert nach dem Verbot der Gruppe, ein eigenes Programm auf die Beine zu stellen. Aber das wird nicht genehmigt. Stattdessen stapeln die beiden befreundeten Musiker im Obst- und Gemüsehandel Kisten.
Im November 1976 erfährt Christian Kunert von der Ausbürgerung Wolf Biermanns und fährt sofort zusammen mit Gerulf Pannach nach Grünheide bei Berlin zu Robert Havemann. Auf dem Grundstück des mit Hausarrest belegten Systemkritikers entsteht eine Art Nachrichtenzentrum. Hier treffen Oppositionelle zusammen, um sich zu beraten und der Westpresse Interviews zu geben. Hier haben sie das Gefühl, mit ihrer Empörung über die Ausbürgerung nicht allein zu sein. Auch Christian Kunert unterschreibt den Offenen Brief der Berliner Schriftsteller, der um die Rücknahme der Biermann-Ausbürgerung bittet. Aber eigentlich würde er lieber ein Lied schreiben, das seinen Protest und den seiner Generation zum Ausdruck bringt.
Kurz darauf wird Christian Kunert zusammen mit Gerulf Pannach auf dem Berliner Alexanderplatz verhaftet und in das Stasi-Gefängnis in Berlin-Hohenschönhausen gebracht. Die Begründung lautet: „Verdacht auf Asozialität“, später kommt „staatsfeindliche Hetze“ dazu. Man droht ihnen mit bis zu zehn Jahren Haft. Nach neun Monaten Gefangenschaft – mit täglichen Verhören und ohne Kontakt zu seinen Freunden Jürgen Fuchs und Gerulf Pannach – stimmt Christian Kunert gezwungenermaßen seiner Ausreise zu.
Zwei Tage später, am 26. August 1977, wird Christian Kunert zusammen mit Gerulf Pannach und Jürgen Fuchs nach West-Berlin ausgewiesen.
Biografische Angaben zu Christian Kunert finden sie im Personenlexikon.
Zitierempfehlung: „Christian Kunert“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Dezember 2019, www.jugendopposition.de/145514
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Das war es immer und das wird immer so sein, wenn man das politisch nennt. Es sind immer Sachen, die am Leben sind und an den Leuten, die neben einem leben. Und das war auch so, wenn Sie sich die Songs angucken von Renft, die immer so als politische Songs bezeichnet werden. Das sind ja keine ideologischen Erklärungen oder Phrasendreschereien. Sondern dieser Song zum Beispiel, wo es um Republikflucht geht: Das ist ein Junge, der nicht zurechtkommt mit dem Leben. Das ist eine Ballade über einen Jungen, der versucht klarzukommen, der nicht klarkommt und versuchts dann eben auf dem Weg – ein bisschen blauäugig – und hofft da irgendwie nach Hamburg zu kommen, weil er den Otto so verehrt. Und da wird er natürlich gefangen genommen. Und da kommt er schon mal gar nicht mehr zurecht mit dem Leben anschließend. Und da heißt es so schön: „Er ging in die Elbe, die Stelle war dieselbe“, wo er auf den Kahn sprang vorher, „vielleicht taucht er in Hamburg wieder auf.“ Natürlich bösartig, aber es ist immer an dem kleinen Mann geblieben, die Ballade, keine politische Erklärung. Und so sind die Songs immer gewesen und so sind sie heute auch noch.
Christian Kunert, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de