Abschrift
Nirgendwo gab es das, glaube ich, dass ein Volk wirklich hinter einer sozialistischen Führung stand. Das war da, und da war es eben möglich, dass andere Filme gemacht wurden, dass andere Bücher geschrieben werden durften. Was heißt andere, ich meine, dass die Zensur sich zurückgenommen hat. Ich hab auch gehofft, dass das auf Polen überschwappt, auf uns. Na ja, das war dann eben nicht so. Es wurde im eigenen Kern erstickt. Dass da sozialistische Länder in ein anderes sozialistisches Land einmarschieren ..., da habe ich gedacht: Das muss ganz was Übles sein. Das darf nicht sein, und das kann man auch nicht einfach so hinnehmen.
Und dann ging's mit mir auch wirklich politisch bergab. Ich hatte da einen Freundeskreis, und die sind losgegangen. Weil ich nun junge Mutter war, hat mir keiner Bescheid gesagt. Ich sollte nicht mit, und sie haben Flugblätter verteilt. Das waren Roswitha Hunzinger, Erika Berthold, die Havemann-Söhne, Sandra Weigel und Thomas Brasch, von dem ich das Kind hatte. Die waren dann alle schon verhaftet, außer Thomas, der mir sagte: ´Mach bloß nichts, mit dem Kind`. Dann war auch er verhaftet, und ich dachte: Wenn jetzt keiner weitermacht, dann sieht das für die da drinnen ganz schön grau aus.
Da habe ich mich hingesetzt und habe mit der Hand Flugblätter geschrieben, mit Rotstift und Bleistift. Die habe ich dann nachts mit einem Kumpel – und zwei anderen, die gar nicht wussten, was wir da machen – verteilt. Am nächsten Tag wurde ich abgeholt.
Bettina Wegner, Zeitzeugin auf www.jugendopposition.de