Abschrift
Wir haben gesagt: weitermachen. Das muss aber in einer neuen Form, in einer neuen Qualität passieren. Wir wollen nicht mehr einzeln, jeder für sich seine Aktionen machen, sondern wir müssen ein Zeichen setzen. Wir müssen als Gemeinschaft auftreten. Wir sind die ,´Friedensgemeinschaft Jena`. Punkt. Wir sind einfach da. Wir machen was wir wollen. Wir verstehen uns als Organisation, die unabhängig von einer Institution wie der Kirche arbeitet. Die ohne das schützende Dach der Kirche da ist. Friedensgemeinschaft Jena hieß für uns: Leben in Gerechtigkeit. Das hieß auch, demokratische Grundrechte wahrnehmen. Nicht warten, dass der Staat sie uns gibt. Und so haben wir gesagt: Wir machen Demonstrationen. Wir setzen einfach Zeichen, wir demonstrieren jetzt. Wir sind zur Stadt gegangen und haben gesagt: Wir melden jetzt eine Demonstration an, zum Jahrestag der Bombardierung Jenas. Wir treten als Friedensgemeinschaft Jena auf.
Man hat gesagt: ´An diesem Tag ist schon eine Demonstration, sie können hier keine anmelden`. Es gab zum ersten Mal seit Jahren überhaupt wieder an diesem Jahrestag der Bombardierung Jenas eine Demonstration. Da haben wir gesagt: ´Okay, meinetwegen, soll der Staat die Demonstration machen, wir nehmen daran teil`. Wir haben unsere eigenen Plakate gemacht: ´Verzichtet auf Gewalt`, ´Militarisierung raus aus unserem Leben`, ´Schwerter zu Pflugscharen`. All die Losungen zur Friedensthematik, ´Kein Kriegsspielzeug in Kindergärten`, all solche Sachen, die unseren Alltag geprägt haben. Wo wir aufgetreten sind gegen die staatliche Politik, wo wir gesagt haben: Die staatliche Politik der DDR ist keine Friedenspolitik. Das haben wir auf dieser staatlichen Friedenskundgebung kundtun wollen. Man hat uns aufmarschieren lassen, und dann kam der Zugriff. Man hat unsere Plakate, auf denen stand ´Verzichtet auf Gewalt` mit Gewalt runtergerissen. Man hat uns verprügelt, hat unsere Nasen blutig gehauen. Trotz dieses Erlebnisses, dass man uns zusammengeschlagen hat, war das für uns Mut machend. Uns war klar: Sie können uns nicht so einfach einsperren. Sie schlagen uns nur die Nasen blutig. Wir haben Freiräume. Wir haben Möglichkeiten, mehr zu machen. Und so gingen die Aktivitäten der Friedensgemeinschaft weiter.
Roland Jahn, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de