Abschrift
Einige von uns hatten den Eindruck, dass in diesen gemischten Gruppen doch die Frauen sehr zurückhaltend waren und die Männer das Wort führten. Und nun trat die Situation ein, dass die Volkskammer beschlossen hatte, dass auch die Frauen in die allgemeine Wehrpflicht einbezogen werden sollten in drei Fällen: Vorbereitung der Mobilmachung, im Mobilmachungsfall und im Verteidigungsfall. Das war für uns ein Anlass, speziell als Frauen dagegen zu intervenieren. Wir schrieben einen Brief an die Volkskammer oder an den Staatsrat, das weiß ich jetzt nicht mehr genau, mit dem Inhalt, dass wir in der Einbeziehung von Frauen in die Wehrpflicht keinen Akt der Gleichberechtigung sehen, sondern eher einen Widersinn gegen unser Frausein. Wir wollen uns für Frieden einsetzen und nicht die Militarisierung befördern. Wir wollen den Kreis der Gewalt durchbrechen. Und dafür haben wir Unterschriften gesammelt.
Während dieser Unterschriftensammlung sind wir mit vielen Frauen ins Gespräch gekommen. Für manche war es das erste Mal, dass sie sozusagen alleine als Frau ohne Absprache mit dem Mann eine Entscheidung getroffen haben, z. B. ihre Unterschrift darunterzusetzen. Dann haben wir uns als Frauen zusammengesetzt und machten die Erfahrung, dass die Frauen, die oft in den gemischten Runden sehr zurückhaltend waren, eigentlich gute Gedanken hatten und auch reden konnten. Wir hatten den Eindruck, dass wir eigentlich auch gut als Frauengruppe Aktionen machen könnten und sollten, dass wir auch in der Lage sind, eine ganz besondere Atmosphäre miteinander herstellen zu können.
Ulrike Poppe auf www.jugendopposition.de
Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft