Abschrift
Sprecher (off):
„Die Enttäuschung bei westlichen Medien war dann umso größer, als Grenzdienst, bayerische Grenzpolizei und Bundesgrenzschutz ihre neuesten Beobachtungen meldeten: Am Metallgitterzaun, der eben von den Plastikminen befreit worden war, installieren Grenzsoldaten nunmehr eine neuartige Selbstschussanlage, SM 70 genannt: SM für Splittermine, 70 als Jahreszahl 1970 für die Einführung der neuen Waffe in der Nationalen Volksarmee. In drei unterschiedlichen Höhen werden die Schussgeräte an den Betonsäulen befestigt. Beim Berühren feiner Auslösedrähte, zum Beispiel bei dem Versuch, den Metallgitterzaun zu übersteigen, verschießen die Apparate eine Garbe scharfkantiger Stahlsplitter in Richtung Berührungsstelle.
Die ersten Opfer dieser neuartigen Waffe waren zwei Schweine. Bei einer Demonstration der von einem Dresdener Feuerwerker konstruierten Selbstschussanlage wurden zwei Schweine an den Versuchszaun getrieben und brachen beim Berühren der Auslösedrähte blutüberströmt zusammen, getroffen von ungezählten Stahlsplittern. Von allen Grenzabschnitten waren Kommandeure zu der Vorführung an der Grenze nördlich von Salzwedel gekommen. Die Darstellung war ein voller Erfolg – laut der einhelligen Auffassung aller Teilnehmer, ausgenommen die beiden Schweine.
Daraufhin, noch 1970, wurde die neue Schussanlage bei der NVA, Kommando Grenze, in Dienst gestellt. Und allmählich tauchte sie an verschiedenen Grenzabschnitten auf und mit ihr die ersten Toten und schwer verwundeten Opfer, zunächst unter den Grenztruppenpionieren, dann unter den Flüchtlingen.“
Quelle: Bundesstiftung Aufarbeitung, F.J. Schreiber „Halt! Zonengrenze“