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Biografie Joachim Marckstadt

DDR-Opposition

geboren am 27. Dezember 1936 in Guben (Neiße).
gestorben am 31. Dezember 2017

Bis Februar 1945 lebt die Familie in Merzwiese im heutigen Polen, wo Joachim Marckstadts Vater als Forstmeister arbeitet.

1945
flüchtet die Familie vor der heranrückenden Front nach Eisenberg in Thüringen, dem Geburtsort von Joachim Marckstadts Vater.

1951 bis 1955
besucht Joachim Marckstadt die Oberschule in Eisenberg, wo er sich Ende 1953 dem Widerstandskreis um Thomas Ammer anschließt. Nach dem niedergeschlagenen Volksaufstand vom 17. Juni 1953 versuchen die Schüler, den Widerstand gegen das SED-Regime zu organisieren. Die Widerstandsgruppe, die später Eisenberger Kreis genannt wird, verteilt Flugblätter, schreibt nachts Losungen an Wände und Güterwagen und beseitigt die Machtsymbole der SED.

1955
legt Joachim Marckstadt das Abitur ab. Da er nicht aus einer Arbeiterfamilie stammt, wird ihm das Studium verwehrt. Vielmehr soll er sich zunächst in der Produktion bewähren, und so beginnt er eine Elektrikerlehre in Gera. Er hält weiterhin Kontakt zu den Mitgliedern der Eisenberger Widerstandsgruppe, unter anderem zu Thomas Ammer, der in Jena Medizin studiert. Die Gruppe ist inzwischen weitverzweigt. Zu ihr gehören Schüler, Studenten, Lehrlinge und junge Arbeiter.

1956
wagt die Gruppe ihre gefährlichste Aktion: Im Januar verübt sie einen Brandanschlag auf einen Schießstand der Gesellschaft für Sport und Technik. Sie will damit ein Zeichen gegen die Militarisierung der Schule und der Gesellschaft der DDR setzen.

1957
gelingt es einem Spitzel des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), sich das Vertrauen der Gruppe zu erschleichen.

1958
schlägt die Staatssicherheit zu. Im Februar wird Joachim Marckstadt auf dem Weg zur Arbeit verhaftet. Bis April nimmt das MfS 24 junge Männer fest. Weitere fünf können sich der Festnahme entziehen, indem sie nach West-Berlin flüchten. Im September und Oktober verhängt das Bezirksgericht Gera 24 Urteile mit einem Gesamtstrafmaß von 116 Jahren und sechs Monaten Zuchthaus. Im zweiten der vier Prozesse ergeht gegen Joachim Marckstadt eine Zuchthausstrafe von drei Jahren und sechs Monaten.

1958 bis 1961
verbüßt er die Haft im Zuchthaus Waldheim und im Jugendgefängnis Gräfentonna, einer Außenstelle der Strafvollzugsanstalt Ichtershausen bei Langensalza. 1961 wird Joachim Marckstadt sechs Monate vorfristig aus dem Gefängnis entlassen. Er schließt die Lehre als Elektriker ab und arbeitet in den Zeiss-Werken Jena als Elektrolaborant.

1963
siedelt er nach Magdeburg um und arbeitet als Elektriker im Institut für Lacke und Farben.

1969
ermittelt das MfS erneut gegen Joachim Marckstadt. Der Vorgang wird aber ohne Ergebnis eingestellt.

1969 bis 1975
nimmt er ein Fernstudium zum Diplom-Ingenieur für Umweltschutz und Energetik auf.

1975 bis 1979
arbeitet er in den Jenaer Schott-Werken als Bereichsingenieur für den Umweltschutz. In den Folgejahren muss er oft seinen Arbeitsplatz und Wohnort wechseln: Die Behörden und seine Vorgesetzen hören nicht auf, ihn zu drangsalieren.

1985
stellt er einen Ausreiseantrag, der bis 1989 nicht genehmigt wird. Bis zum Ende der DDR wird Joachim Marckstadt bespitzelt und schikaniert.

1990 bis 1991
wechselt er nach Marburg und arbeitet in der dortigen Stadtverwaltung im Bereich Umweltschutz.

1991 bis 1995
arbeitet er im Umweltamt Magdeburg und ist verantwortlich für die Beseitigung der durch die sowjetischen Truppen verursachten Umweltschäden.

1996
wird er Mitglied in der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS), deren Landesvorsitzender in Sachsen-Anhalt er mehrere Jahre war.


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