Brief aus Weimar an die Umwelt-Bibliothek: Ein Weimarer Pfarrer bittet um regelmäßige Zusendung der Umweltblätter (6. Juni 1989). Er möchte sie im Weimarer Gemeindezentrum auslegen. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft / RHG_Fak_0108 Abschrift
Erste Ausgabe der Zeitschrift telegraph, dem Nachfolgeblatt der Umweltblätter (10. Oktober 1989). Die zweite Ausgabe erscheint bereits einen Tag später, die dritte am 15. Oktober, jetzt schon jeweils in einer Auflage von mehreren Tausend Exemplaren. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft / RHG_Fak_0042 Abschrift
Umweltthemen drängen auch in der DDR: Die erste Ausgabe der Umweltblätter erscheint unter dem Titel „Umwelt-Bibliothek – Informationen und Mitteilungen“ im September 1986. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft / RHG_Fak_0938 Abschrift
Wolfgang Rüddenklau nach seiner Haftentlassung im Dezember 1987 in der Umwelt-Bibliothek. Auf den Stühlen sind Stapel bedruckter Seiten für eine neue Ausgabe der Umweltblätter zu erkennen. Das Legen der einzelnen Hefte ist eintönig und zeitraubend. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Ann-Christine Jansson/RHG_Fo_HAB_10059
Im Dezember 1987 gibt es im Zusammenhang mit dem Überfall der Stasi auf die Umwelt-Bibliothek erstmals eine Bildseite in den Umweltblättern. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft / RHG_Fak_0105
„Macht weiter so, Jungs!“ Die Redaktion reagiert auf einen Leserbrief aus der Uckermark, abgedruckt in den Umweltblättern vom 20. Januar 1988. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft / RHG_Fak_0104 Abschrift
Opposition ist Sisyphos-Arbeit: Till Böttcher 1989 in der Umwelt-Bibliothek Berlin beim aufwändigen Vervielfältigen einer Samisdat-Publikation. Quelle: Harald Hauswald/OSTKREUZ
Eine außergewöhnliche Bitte aus Dresden: Da es in der DDR keinerlei Informationen über Risiken der Kernenergie gibt, bestellt ein Dresdner Pädagoge in der Umwelt-Bibliothek Ausgaben der Umweltblätter (6. April 1989). Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft / RHG_Fak_0106 Abschrift
Ein Abonnent: Brief aus Rechlin an die Umwelt-Bibliothek mit der Bitte um die regelmäßige Zusendung der Umweltblätter für die Arbeit im Friedenskreis Roebel (30. Mai 1989). Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft / RHG_Fak_0107 Abschrift
Brief aus Weimar an die Umwelt-Bibliothek: Ein Weimarer Pfarrer bittet um regelmäßige Zusendung der Umweltblätter (6. Juni 1989). Er möchte sie im Weimarer Gemeindezentrum auslegen. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft / RHG_Fak_0108 Abschrift
Erste Ausgabe der Zeitschrift telegraph, dem Nachfolgeblatt der Umweltblätter (10. Oktober 1989). Die zweite Ausgabe erscheint bereits einen Tag später, die dritte am 15. Oktober, jetzt schon jeweils in einer Auflage von mehreren Tausend Exemplaren. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft / RHG_Fak_0042 Abschrift
Umweltthemen drängen auch in der DDR: Die erste Ausgabe der Umweltblätter erscheint unter dem Titel „Umwelt-Bibliothek – Informationen und Mitteilungen“ im September 1986. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft / RHG_Fak_0938 Abschrift
Wolfgang Rüddenklau nach seiner Haftentlassung im Dezember 1987 in der Umwelt-Bibliothek. Auf den Stühlen sind Stapel bedruckter Seiten für eine neue Ausgabe der Umweltblätter zu erkennen. Das Legen der einzelnen Hefte ist eintönig und zeitraubend. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Ann-Christine Jansson/RHG_Fo_HAB_10059
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Ab September 1986 gibt die Umwelt-Bibliothek Berlin (UB) eine Publikation heraus, die zunächst als bloße Hausmitteilung geplant ist und auch entsprechend heißt: „Die Umwelt-Bibliothek. Informationen und Mitteilungen“. Die ersten Ausgaben des Blatts werden in einer Auflage von maximal 150 Stück und mit einer Ormig-Druckmaschine hergestellt. Sie werden zunächst im engeren Bekanntenkreis verteilt.
Ab April 1987 wird die Informationsschrift in „Umweltblätter“ umbenannt und ab Mai wegen wachsender Nachfrage mit Wachsmatrizen vervielfältigt. Bei diesem Verfahren können von einer (schwer zu beschaffenden und kostbaren) Vorlage mehr als 1.000 Blätter abgezogen werden. Die Umweltblätter erscheinen mit dem Vermerk: „Nur für den innerkirchlichen Dienstgebrauch“.
Dabei bedienen sich die Herausgeber eines Paragraphen der staatlichen „Anordnung über das Genehmigungsverfahren“ von 1959, nach dem innerkirchliche Publikationen ohne staatliche Genehmigung erscheinen dürfen. Die Redaktion erhofft sich dadurch einen gewissen Schutz – zumindest beim Drucken. Verteilt werden die Hefte aber auch außerhalb der Kirche. (Über die Herstellung der Umweltblätter berichtet Frank Ebert im Zeitzeugen-Interview.)
Jeden Dienstagabend ist Redaktionssitzung: Andreas Kalk (20), Sarah Jasinszczak (23) und Dorit Krusche (19) sind so oft es geht dabei. Es wird diskutiert, welche Themen im nächsten Heft behandelt werden sollen. Über bereits vorliegende Manuskripte wird meist heftig und kontrovers gestritten. Keiner ist im Schreiben geübt, und manchmal kommen die Beiträge quälend schwer aus der Feder. Wolfgang Rüddenklau, der die Umweltblätter initiiert hat und die meisten Texte für das Blatt schreibt, gibt seine Erfahrungen an die Jüngeren weiter.
Illegaler Journalismus mit kirchlichem Segen
Die Umweltblätter erscheinen alle ein bis zwei Monate und behandeln Themen, die in den staatlichen Medien nicht oder nur ideologisch verdreht vorkommen. Dazu gehören der Umweltschutz, die Verletzung von Menschen- und Bürgerrechten, die Friedensbewegung im eigenen Land sowie andere systemkritische Positionen. Darüber hinaus wird ausführlich über die Aktivitäten der Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsgruppen und deren Konflikte mit Staat und Kirche informiert. Somit trägt das Blatt wesentlich dazu bei, dass sich die DDR-Opposition stärker untereinander vernetzt.
In der Nacht zum 25. November 1987 dringen Staatssicherheit und Mitarbeiter des Generalstaatsanwalts in die UB ein. Sie überrumpeln die Drucker, die gerade eine neue Ausgabe der Umweltblätter produzieren. Die Druckmaschinen werden konfisziert und alle Anwesenden, darunter die 22-jährige Uta Ihlow und der 17-jährige Till Böttcher, festgenommen. Die Stasi-Aktion „Falle“ führt zu zahlreichen Protestaktionen in Berlin. Solidaritätsbekundungen für die UB kommen aus dem In- und Ausland. Wegen dieses internationalen Drucks müssen die Verhafteten wenig später freigelassen werden.
Die UB kann ihre Veröffentlichungen bald fortsetzen, auch weil Vervielfältigungsmaschinen und Farbe sowie neueste Technik aus dem Westen gespendet werden. Aus West-Berlin kommt auf verschlungenen Wegen ein Amiga 500 nebst Bildschirm und Nadeldrucker in den Ostteil der Stadt. Allerdings hat nur einer, der 20-jährige Martin Schramm, die nötigen technischen Kenntnisse, um den Computer zu bedienen.
Martin Schramm weist ein halbes Dutzend Oppositionelle in die Bedienung ein. Nach anfänglichem Zögern erkennen alle bald die große Chance der PC-Arbeit: Neben einfacherer Textverarbeitung und besseren Gestaltungsmöglichkeiten fasziniert vor allem der Nadeldrucker. Mit seiner Hilfe können beschädigte Matrizen problemlos ersetzt werden. Auflage und Umfang der Umweltblätter expandieren, und in der UB wird nun auch für andere Gruppen gedruckt. Ein knappes Jahr nach dem Stasi-Einsatz entsteht ein kleiner Untergrundverlag mit angeschlossener Druckerei.
Aus den Umweltblättern wird 1989 der telegraph
Unter den Schriften der DDR-Opposition sind die Umweltblätter, die schließlich monatlich erscheinen, mit Abstand am weitesten verbreitet. Bis zum September 1989 erscheinen insgesamt 32 Ausgaben. In der letzten Ausgabe werden die Positionspapiere und Gründungserklärungen aller neu entstandenen Bürgerbewegungen und Parteien veröffentlicht. Es werden 4.000 Exemplare verteilt, die von Hand zu Hand weiterwandern. Als sich im Herbst 1989 die Ereignisse überschlagen, reicht eine Monatszeitschrift nicht mehr aus.
Die Redaktion reagiert am 10. Oktober 1989 mit der Herausgabe des ersten telegraph, dem Nachfolgeblatt der Umweltblätter. Mit der Umbenennung wollen die Untergrundredakteure den neuen, aktuellen Charakter der Publikation deutlich machen. Die zweite Ausgabe erscheint schon einen Tag später, die dritte am 15. Oktober, jeweils in einer Auflage von mehreren Tausend Exemplaren.
Für die Zeit bis zum Dezember 1989 ist der telegraph das einzige unabhängige Medium in der DDR, das über die Friedliche Revolution berichtet. In der Redaktion arbeiten neben Wolfgang Rüddenklau und Tom Sello der frühere Herausgeber des grenzfalls, Peter Grimm (24), sowie Dirk Teschner (25) und Dietmar Wolf (25).
Zitierempfehlung: „Umweltblätter“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Juli 2019, www.jugendopposition.de/145467
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Moderatorin: „Erst mal das eigene Land verlassen zu können stellt in letzter Zeit für Mitglieder des Grünen Netzwerkes Arche ein Problem dar. Bereits im September und November war einigen von ihnen die Einreise in die CSSR verwehrt worden, als sie zu internationalen Umweltschutztreffen fahren wollten. Anfang Dezember erhielt die Arche eine Einladung nach Ungarn, immerhin vom dortigen kommunistischen Jugendverband. Doch auch diese renommierte Adresse hielt die DDR-Grenzorgane nicht davon ab, die Reise wiederum an der tschechischen Grenze enden zu lassen. Die Arche protestierte in einer öffentlichen Erklärung gegen diese Schikanen. Sie forderte von der Regierung der DDR eine konstruktive Stellungnahme. Ob diese bisher erfolgt ist, ist uns nicht bekannt. Das Treffen in Ungarn fand trotz dieser Behinderungen statt. Zu Verlauf und Ergebnis erhielten wir den folgenden Bericht.“
Ungarische Teilnehmerin des Umweltschutztreffens:
„Bericht der Arche-Delegation vom Airplain-Ost-West-Meeting in Miskolc
Vom 5. bis zum 9. Dezember 88 fand in Ungarn, in Miskolc, das erste Airplaine-Ost-West-Meeting statt. Airplaine bedeutet Air Pollution Action Network, ein Projekt von WISE (World Information Service on Energie) und FOE (Friends of the Earth International). Es war ein Treffen von ost- und westeuropäischen Umweltgruppen: aus der Sowjetunion, aber nicht nur aus Moskau und Kiew, sondern auch Lettland, Litauen und Estland, dann verschiedene Umweltgruppen aus Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien, der DDR, aus Schweden, den Niederlanden, Westdeutschland, Italien und der Schweiz. Fünf Tage harte, aber erfolgreiche kooperative Arbeit. Wir diskutierten in Workshops über die Strukturen der einzelnen Organisationen und Netzwerke. Selbstkritisch wurden vergangene Aktionen ausgewertet, wie zum Beispiel die Saure-Regen-Woche` und die Aktion Autofreier Tag`. Gemeinsame Aktionstage sind für das nächste Jahr geplant. Die Vertreter solcher großen Netzwerke, wie zum Beispiel IFA, FOE und Greenway, stellten ihre Arbeit vor. Zu diesem Treffen waren auch der stellvertretende Umweltminister Ungarns und der holländische Autor des Brunland-Reports eingeladen. Es wurden Videos gezeigt, unter anderem ein Arche-Video von der Umweltverschmutzung in Bitterfeld. Für die DDR-Umweltschützer vom Grünen Netzwerk Arche war es nicht einfach, an diesem Meeting teilzunehmen. Denn trotz Einladung durch den ungarischen kommunistischen Jugendverband KISZ durften drei der Mitglieder die DDR gar nicht erst verlassen. Darunter einer, der in Decin, also auf CSSR-Gebiet, durch DDR-Grenzer zurücktransportiert wurde, begleitet von einem DDR-Offizier. Auch noch diesmal wurde den Anweisungen widerstandslos Folge geleistet. Feststellen konnten wir, dass sich die Arbeitsbedingungen in anderen osteuropäischen Ländern wesentlich verbessert haben. Wir sind also zuversichtlich, dass auf Dauer die anachronistischen Zustände in der DDR, wie zum Beispiel die Informations- und Publikationsbehinderung, die Reisefragen sowie die komplizierte Situation in Bezug auf nationale und internationale Zusammenarbeit, nicht aufrechterhaltbar sind. Deshalb also unser Arrangement bei gesamteuropäischen Umweltaktionen. Die Arche vermittelt gern Kontakte zu allen bekannten europäischen Umweltorganisationen beziehungsweise Netzwerken. Treffpunkt der Arche Berlin-Brandenburg ist jeden Mittwoch ab 17 Uhr in der Andreas-Markus-Gemeinde am Berliner Hauptbahnhof.“