Berlin, Herbst 1987. Till Böttcher kommt durch den Liedermacher Stefan Krawczyk zur Umwelt-Bibliothek (UB). Nach dessen Konzert in der Berliner Stadtmission der Evangelischen Kirche fragt er ihn, wie und wo man sich in Berlin politisch engagieren könne. Zunächst ist Till Böttcher nur Besucher der UB, doch bald beginnt er, in der Galerie und in der Bibliothek mitzuarbeiten. Schließlich wird er in den engeren Kreis der Drucker aufgenommen, zu dem auch Uta Ihlow und später Frank Ebert gehören.
Als die UB in der Nacht vom 24. zum 25. November 1987 von der Staatssicherheit überfallen wird, ist auch Till Böttcher anwesend. Er wird „zugeführt“, das heißt: festgenommen. Der damals 17-Jährige erinnert sich heute an die absurde Situation während der Razzia: Im Hintergrund lief nämlich die ganze Zeit „Keine Macht für niemand“, gesungen von der Westberliner Band Ton Steine Scherben. Von der Stasi kommt offensichtlich niemand auf die Idee, den Kassettenrecorder auszuschalten. Till Böttcher wird 23 Stunden festgehalten und verhört, das Ermittlungsverfahren wird jedoch eingestellt.
Seine nächste Begegnung mit der Staatssicherheit findet am 17. Januar 1988 statt, als er mit Andreas Kalk und Bert Schlegel versucht, auf der offiziellen Demonstration zum Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht eigene Transparente zu zeigen. Auf ihnen steht ein berühmtes Zitat von Rosa Luxemburg: „Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden“. Till Böttcher wird ins Stasi-Gefängnis in Berlin-Hohenschönhausen gebracht und, obwohl erst 17 Jahre alt, wie ein Erwachsener verurteilt: zu einem Jahr Haft ohne Bewährung.
Dank der Bemühungen der Kirche und des zunehmenden öffentlichen Drucks werden Till Böttcher und sein Freund Andreas Kalk nach drei Wochen Untersuchungshaft entlassen. Bert Schlegel reist in die Bundesrepublik aus und organisiert dort mit Freunden eine Unterstützergruppe für die Berliner UB.
Biografische Angaben zu Till Böttcher finden sie im Personenlexikon.
Zitierempfehlung: „Till Böttcher“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Dezember 2019, www.jugendopposition.de/145503
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Wie ging das Drucken der „Umweltblätter“ vonstatten? Also, war das auch ein kleiner geheimer Kreis eigentlich?
Ja, im Grunde schon, denn das war ja eine exponierte Position. Wenn es rausgekommen wäre, dann wäre man sozusagen als Teil dieses inneren Zirkels ein größeres Ziel gewesen für den Staat, für die Stasi. Deswegen haben wir das schon versucht immer nicht so an die große Glocke zu hängen. Aber intern war natürlich klar, wer da wo was gemacht hat. Zuerst haben wir es in der Bibliothek selber gemacht zu nächtlicher Stunde. Und später bekamen wir einen anderen Kellerraum dazu und haben das dann auslagern können und waren somit auch zeitlich unabhängig von dem Bibliotheksbetrieb, denn wir haben ja auch andere Blätter dann mitgedruckt, unterstützt. Da wir sehr bekannt waren, hatten wir auch viel Unterstützung, was die „Hardware“ betrifft sozusagen. Farbe, Maschinen, einen Computer hatten wir gestellt bekommen.
Und das kam von Privatpersonen aus dem Westen oder aus dem Osten?
Teilweise von den Grünen, von Privatpersonen, alte Bekannte von uns, alte Freunde sind ja zum Teil zwangsweise in den Westen ausgereist, Roland Jahn beispielsweise und die Gruppe „Robin Wood“, zu denen wir gute Kontakte hatten. Und da kam einfach viel zurück.
Till Böttcher, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de