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grenzfall

Unzensiert, illegal, riskant: Die erste Ausgabe des grenzfalls vom 29. Juni 1986. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
Unzensiert, illegal, riskant: Die erste Ausgabe des grenzfalls vom 29. Juni 1986. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
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Die Premierenfeier ist auf der Friedenswerkstatt 1986 in der Gemeinde der Berliner Erlöserkirche geplant: An einem Stand der Initiative Frieden und Menschenrechte soll die erste Ausgabe des grenzfalls verteilt werden. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Peter...
Die Premierenfeier ist auf der Friedenswerkstatt 1986 in der Gemeinde der Berliner Erlöserkirche geplant: An einem Stand der Initiative Frieden und Menschenrechte soll die erste Ausgabe des grenzfalls verteilt werden. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Peter Rölle
Die Party ist schnell vorbei: Auf der Friedenswerkstatt 1986 in der Gemeinde der Berliner Erlöserkirche entfernt Generalsuperintendent Günter Krusche die Tafeln des grenzfalls vom Stand der Initiative Frieden und Menschenrechte. Er verhindert damit,...
Die Party ist schnell vorbei: Auf der Friedenswerkstatt 1986 in der Gemeinde der Berliner Erlöserkirche entfernt Generalsuperintendent Günter Krusche die Tafeln des grenzfalls vom Stand der Initiative Frieden und Menschenrechte. Er verhindert damit, dass sich das Untergrundblatt auf dieser Veranstaltung vorstellen kann. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Peter Rölle
Die Party ist schnell vorbei: Auf der Friedenswerkstatt 1986 in der Gemeinde der Berliner Erlöserkirche entfernt Generalsuperintendent Günter Krusche die Tafeln des grenzfalls vom Stand der Initiative Frieden und Menschenrechte. Er verhindert damit,...
Die Party ist schnell vorbei: Auf der Friedenswerkstatt 1986 in der Gemeinde der Berliner Erlöserkirche entfernt Generalsuperintendent Günter Krusche die Tafeln des grenzfalls vom Stand der Initiative Frieden und Menschenrechte. Er verhindert damit, dass sich das Untergrundblatt auf dieser Veranstaltung vorstellen kann. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Peter Rölle
Am Stand der IFM hängt 1986 statt der ersten Ausgabe des Oppositionsblatts grenzfall ein Hinweis: „Das an dieser Stelle hängende Material wurde von Generalsuperintendent Krusche eigenhändig entfernt“. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Peter...
Am Stand der IFM hängt 1986 statt der ersten Ausgabe des Oppositionsblatts grenzfall ein Hinweis: „Das an dieser Stelle hängende Material wurde von Generalsuperintendent Krusche eigenhändig entfernt“. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Peter Rölle
grenzfall Nr. 2/86, hergestellt im A6-Format als Fotoabzug. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
grenzfall Nr. 2/86, hergestellt im A6-Format als Fotoabzug. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
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grenzfall Nr. 7/87. Seit der sechsten Ausgabe wird der grenzfall im Wachsmatrizenverfahren vervielfältigt. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
grenzfall Nr. 7/87. Seit der sechsten Ausgabe wird der grenzfall im Wachsmatrizenverfahren vervielfältigt. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
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Gründungsmitglied des grenzfalls: Peter Grimm, aufgenommen in der Wohnung von Ralf Hirsch (Februar 1987). Dieses Foto wird für die Öffentlichkeitsarbeit im Westen gemacht – falls Peter Grimm in der DDR verhaftet werden sollte. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Ralf...
Gründungsmitglied des grenzfalls: Peter Grimm, aufgenommen in der Wohnung von Ralf Hirsch (Februar 1987). Dieses Foto wird für die Öffentlichkeitsarbeit im Westen gemacht – falls Peter Grimm in der DDR verhaftet werden sollte. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Ralf Hirsch
Gründungsmitglied des grenzfalls: Peter Rölle, aufgenommen in der Wohnung von Ralf Hirsch (Februar 1987). Dieses Foto wird für die Öffentlichkeitsarbeit im Westen gemacht – falls Peter Rölle in der DDR verhaftet werden sollte. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Ralf...
Gründungsmitglied des grenzfalls: Peter Rölle, aufgenommen in der Wohnung von Ralf Hirsch (Februar 1987). Dieses Foto wird für die Öffentlichkeitsarbeit im Westen gemacht – falls Peter Rölle in der DDR verhaftet werden sollte. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Ralf Hirsch
Peter Rölle, Peter Grimm und Reiner Dietrich bedanken sich bei Roland Jahn, der regelmäßig für die Herstellung des grenzfalls Farbe und Matrizen aus West-Berlin liefert. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
Peter Rölle, Peter Grimm und Reiner Dietrich bedanken sich bei Roland Jahn, der regelmäßig für die Herstellung des grenzfalls Farbe und Matrizen aus West-Berlin liefert. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
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Brief der grenzfall-Redaktion an Roland Jahn, in dem sich die Redaktion mit einem Beitrag über den grenzfall in der ARD-Kontraste-Sendung am 25. August 1987 einverstanden erklärt. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
Brief der grenzfall-Redaktion an Roland Jahn, in dem sich die Redaktion mit einem Beitrag über den grenzfall in der ARD-Kontraste-Sendung am 25. August 1987 einverstanden erklärt. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
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grenzfall-Doppelnummer 11/12 1987. Im November 1987 kann der grenzfall wegen des Überfalls der Stasi auf die Berliner Umwelt-Bibliothek nicht erscheinen. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
grenzfall-Doppelnummer 11/12 1987. Im November 1987 kann der grenzfall wegen des Überfalls der Stasi auf die Berliner Umwelt-Bibliothek nicht erscheinen. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
„Staatsfeindliche Hetze“: Über die Generalstaatsanwaltschaft der DDR erteilt die Stasi den drei Berliner Professoren Horst Luther, Anni Seidl und Günter Söder den Auftrag, ein Gutachten über den grenzfall zu schreiben. Sie kommen am 15. Januar...
„Staatsfeindliche Hetze“: Über die Generalstaatsanwaltschaft der DDR erteilt die Stasi den drei Berliner Professoren Horst Luther, Anni Seidl und Günter Söder den Auftrag, ein Gutachten über den grenzfall zu schreiben. Sie kommen am 15. Januar 1988, zwei Tage vor der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration, zu dem Ergebnis, dass der Tatbestand der „staatsfeindlichen Hetze“ erfüllt ist. Unaufgefordert erklären sie im Gutachten, dass dies auch für die Umweltblätter gilt. Quelle: Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv
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Ost-Berlin 1986: Unter der Hand wird ein kleines Bündel gewölbter Fotoabzüge weitergereicht. Neun Fotos mit einer Heftklammer zusammengehalten, jedes einzelne Blatt mit enger Schrift und Karikaturen gefüllt. Es ist die erste Ausgabe des grenzfalls, die in einer Startauflage von 50 Exemplaren kursiert.

Darin fordert die Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM) im UNO-Jahr des Friedens 1986 demokratische Veränderungen in der DDR. Sie solidarisiert sich mit der polnischen Friedensgruppe Freiheit und Frieden (Wolnosc i Pokoj), die in Polen für die Einhaltung von Menschenrechten kämpft und einen Zivildienst für Wehrdienstverweigerer fordert. Im Beitrag „Nach Tschernobyl“ wird eine Volksabstimmung zum weiteren Umgang mit der Atomenergie verlangt. Diese Forderung löst kontroverse Diskussionen in oppositionellen Kreisen aus.

Mitglieder der IFM wollen den grenzfall auf der kirchlichen Friedenswerkstatt 1986 präsentieren, was Generalsuperintendent Günter Krusche zu verhindern weiß. Die Kirchenleitung ist um ein gutes Verhältnis zum Staat bemüht und duldet deshalb kein oppositionelles Sprachrohr unter ihrem Dach.

Nachdem die ersten drei Ausgaben des grenzfalls noch unregelmäßig erscheinen, schaffen die Macher es, das Blättchen ab 1987 regelmäßig einmal im Monat herauszubringen. Um eine höhere Auflage zu erreichen, wird es inzwischen mit Ormig-Druckmaschinen vervielfältigt. Die Themen im Blatt behandeln Menschen- und Bürgerrechtsprobleme in der DDR und anderen kommunistischen Ländern. Die Redakteure bereiten die Inhalte als Meldungen, Hintergrund- oder Augenzeugenberichte auf. Das Signet des Blatts zeigt einen morschen Schlagbaum, aus dem Zweige sprießen.

Riskant für Macher und Leser: Infos aus dem Untergrund

Der grenzfall entwickelt sich zu einer der bekanntesten Untergrundpublikationen und kommt bewusst ohne kirchliche Unterstützung aus. Das wirkt sich erfrischend auf den Inhalt aus und senkt den Hang zur Selbstzensur. Als der grenzfall im August 1987 in einer Kontraste-Sendung (ARD) vorgestellt wird, erfahren Millionen in Ost und West von der Existenz des Blattes. Initiiert hat das Ganze der aus der DDR ausgebürgerte Oppositionelle Roland Jahn.

Kern der ersten Redaktion sind Peter Rölle und Peter Grimm, beide Jahrgang 1965. Unter ihrer Verantwortung erscheinen insgesamt 15 Hefte und ein Flugblatt. (Über die Herstellung des grenzfalls berichtet Peter Grimm im Zeitzeugen-Interview.)

Unterstützt wird die grenzfall-Redaktion von westlichen Journalisten, die in der DDR akkreditiert sind, zum Beispiel Ingomar Schwelz von Associated Press und Spiegel-Korrespondent Ulrich Schwarz. Über die beiden hält Ralf Hirsch (27) aus der IFM den Kontakt nach West-Berlin zu Roland Jahn, der Druckfarbe und Matrizen besorgt. Die Journalisten, die aufgrund ihres Status unkontrolliert die Grenze passieren können, schmuggeln das Material in die DDR.

Bereits in der Ausgabe 1/87 rufen die Herausgeber des grenzfalls ihre Leser zur Mitarbeit am Blatt auf. Mit den folgenden Heften erhöht sich die Auflage stetig, nach einiger Zeit sind es 800 Exemplare. Der Umfang wächst auf 15 bis 20 Seiten. Erst als ein Wachsmatrizengerät aus dem Westen besorgt werden kann, wird die Herstellung einfacher. Sie bleibt aber immer wieder eine besondere Herausforderung, da feste Räumlichkeiten für den Druck fehlen.

Erst in der siebten Ausgabe, der Nummer 4/87, geben sich die Herausgeber als Mitglieder der IFM zu erkennen. Die Autoren bleiben aus Sicherheitsgründen anonym. Einzelne Aufrufe und Beiträge sind jedoch namentlich gekennzeichnet.

Westjournalisten schmuggeln Farbe und Matrizen in die DDR

Um sich vor staatlichem Zugriff zu schützen, sollen nur die Hersteller wissen, wo und wann gedruckt wird. Doch es sitzt ein Spitzel im unmittelbaren Umfeld der Redaktion, sodass die Stasi oft bestens informiert ist. Der grenzfall wird meist in Privatwohnungen hergestellt, einzelne Ausgaben werden in der Umwelt-Bibliothek (UB) Berlin vervielfältigt. In der Nacht zum 25. November 1987 soll eine neue Ausgabe des grenzfalls gedruckt werden. Das Ministerium für Staatssicherheit bekommt Wind davon. Es will die Redakteure und Drucker auf frischer Tat ertappen. Bei diesem Einsatz, der unter dem Decknamen Aktion „Falle“ läuft, werden sieben Mitglieder der UB festgenommen.

Danach erscheinen in Berlin noch zwei Ausgaben des grenzfalls: 1988 eine Nummer unter der Verantwortung von Bärbel Bohley und Reinhard Weißhuhn. Beim letzten Heft ist Reinhard Weißhuhn der alleinige Herausgeber. Beteiligt ist der 22-jährige Steffen Steinbacher, der sich um die Abschrift der Manuskripte auf Matrizen und um den Druck kümmert. 1986 bis 1989 erscheinen insgesamt 17 Ausgaben des grenzfalls in Berlin. Eine weitere erscheint 1989 in Thüringen, erstellt von einer Redaktion der IFM in Suhl.

Zitierempfehlung: „grenzfall“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Dezember 2019, www.jugendopposition.de/145466

 


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