Kontext
Internationales Geschehen
1952 wird der Kalte Krieg zum politischen Dauerfrost, der die Atmosphäre zwischen Ost und West endgültig gefrieren lässt. In Moskau regiert der greise Josef Stalin mit diktatorischer Härte bis zu seinem Tod; in den USA wird im November 1952 der Weltkriegsgeneral und NATO-Oberbefehlshaber Dwight D. Eisenhower zum Präsidenten gewählt. Im Wahlkampf verspricht er, den Kommunismus zurückzudrängen. „Roll-Back-Strategie“ nennt er das.
Seit 1950 führen das kommunistische Nordkorea, unterstützt von der Volksrepublik China, und das pro-amerikanische Südkorea, unterstützt von UN-Truppen (in erster Linie US-amerikanische Soldaten), einen mörderischen Krieg. 1952 kommt die Front entlang des 38. Breitengrads zum Stehen, und im Juli 1953 tritt ein zerbrechlicher Waffenstillstand in Kraft. Beide Blöcke begleiten den Koreakrieg mit Propagandaschlachten auf der ganzen Welt.
Am 1. November 1952 zünden die USA auf dem Eniwetok-Atoll in der Südsee „erfolgreich“ ihre erste Wasserstoffbombe. Diese neue Waffe übersteigt die Zerstörungskraft der Atombomben von Hiroshima und Nagasaki noch um ein Vielfaches. Erstmals in der Weltgeschichte existiert die reale Gefahr, dass sich die Menschheit selbst auslöscht.
Im August 1953 kommt es zu einem Putsch im Iran. Er wird vom amerikanischen Geheimdienst CIA und vom britischen Geheimdienst MI6 organisiert und finanziert. Durch die Geheimdienstoperation „Ajax“ wird der im Volk populäre und demokratisch gewählte Premierminister Mohammad Mossadegh gestürzt. Die neuen Machthaber installieren eine Militärregierung, die von Reza Schah Pahlavi unterstützt wird. Hintergrund der Aktion ist die von Mohammad Mossadegh geplante Verstaatlichung der iranischen Ölindustrie. Er will sie vor dem Zugriff ausländischer Ölgesellschaften schützen.
Das Genfer Abkommen, das im Juli 1954 in Kraft tritt, beendet den Indochinakrieg und die französische Kolonialzeit in Asien. Vietnam wird entlang des 17. Breitengrads geteilt: Es entsteht ein Nordteil (später Nordvietnam) unter der Führung von Ho Chi Minh und ein Südteil (später Südvietnam) unter der Präsidentschaft von Ngo Dinh Diem.
Das Jahr 1956 ist ein internationales Krisenjahr: Britische und israelische Truppen überfallen Ende Oktober Ägypten, nachdem die ägyptische Regierung den Suezkanal verstaatlicht hat. Auf Veranlassung der USA, die ein Eingreifen der Sowjetunion fürchten, erzwingen die Vereinten Nationen (UN) im November 1956 den Rückzug der britischen Truppen. Am Suezkanal wird eine UN-Friedenstruppe stationiert. In den nächsten Jahren erzwingen weitere englische, französische, belgische und portugiesische Kolonien und Protektorate nach und nach ihre Unabhängigkeit – zum Teil in blutigen Unruhen und bewaffneten Auseinandersetzungen.
Aber auch der gesamte Ostblock wird tief erschüttert: Der XX. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) im Februar 1956 enthüllt Stalins Verbrechen. Es kommt zu Unruhen in Polen und im November 1956 zum Aufstand gegen das kommunistische Regime in Ungarn, der durch den Einsatz sowjetischer Truppen blutig unterdrückt wird.
Deutschland Ost und West
Noch sind die beiden deutschen Staaten formal keine Mitglieder der jeweiligen Militärallianzen, noch verfügen sie über keine eigenständigen Armeen. Doch in der DDR wie in der Bundesrepublik sind die Weichen auf Wiederbewaffnung gestellt, in der DDR allerdings weitaus früher.
Anfang 1952 verfügt die Bundesrepublik über knapp 20.000 „Polizeisoldaten“ (10.000 Mann kasernierte Bereitschaftspolizei der Länder und 10.000 Mann Bundesgrenzschutz). Die DDR verfügt bereits über 50.000 Mann kasernierte Polizeitruppen. Zur „Verteidigung des Friedens“ werden in der DDR seit 1952 unverdeckt Einheiten der Kasernierten Volkspolizei aufgestellt. Die Bundesregierung unterzeichnet am 27. Mai 1952 den Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft in Paris. In deren Rahmen soll ein westdeutsches Heer mit 407.000 Mann geschaffen werden.
Im März 1952 schlägt die Sowjetführung den West-Mächten überraschend vor, die Wiedervereinigung Deutschlands im Rahmen eines Friedensvertrags zu akzeptieren. Deutschland soll neutral sein und das Recht haben, eine eigene Armee aufzustellen. Die Bonner Regierung unter Konrad Adenauer sieht, was nach heutigem Kenntnisstand zutreffend ist, in dem Angebot eine Falle. Sie weist die sogenannte Stalin-Note zusammen mit den Regierungen in London, Paris und Washington zurück. Die sozialdemokratische Opposition in der Bundesrepublik hingegen meint, man solle den Sowjets gegenüber wenigstens die Möglichkeiten einer Annäherung ausloten. Ihr wortgewaltiger Vorsitzender Kurt Schumacher wirft der CDU/FDP-Regierung in den letzten Reden vor seinem Tode vor, die Einheit der Nation zugunsten der Westintegration aufzugeben.
In der Bundesrepublik der frühen 1950er Jahre weht zwischen Opposition und Regierung ein scharfer Wind; zwischen den beiden deutschen Staaten wird die Tonlage geradezu hysterisch. Sieben Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg herrscht in Deutschland Kriegsangst – und es wird ein intensiver Propagandakrieg geführt. Jeder Kritiker in den eigenen Reihen läuft Gefahr, als Erfüllungsgehilfe der Gegenseite diffamiert zu werden. In der DDR kann das lange Haftstrafen und sogar Todesurteile zur Folge haben. In der Bundesrepublik werden kommunistische Organisationen wie die Freie Deutsche Jugend verboten und deren Funktionäre strafrechtlich verfolgt. Am 1. September 1951 tritt ein neues politisches Strafrecht in Kraft; 1956 folgt das Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands. Zwischen den Fronten des Kalten Kriegs scheint es für die Deutschen in West und Ost keine Spielräume zu geben, sondern nur die Entscheidung für die eine oder die andere Seite.
Am 5. März 1953 stirbt der sowjetische Diktator Josef Stalin. Der von der SED-Führung entfachte Personenkult um den „größten Menschen der Epoche“ steigert sich bis in die Vergöttlichung. Während die SED an der Sowjetisierung der Gesellschaft festhält, denkt man innerhalb der sowjetischen Führung über einen Kurswechsel nach. Die SED-Führung wird Anfang Juni 1953 nach Moskau beordert. Dort wird eine Politik des „Neuen Kurses“ verfügt, der die rabiate Politik des „Aufbaus des Sozialismus mit dem Staat als Hauptinstrument“ mildern soll. Denn seit der 2. Parteikonferenz der SED im Juli 1952 ist die innenpolitische Lage in der DDR angespannt. Die Bevölkerung erkennt den Neuen Kurs als Zeichen der Schwäche. Am 17. Juni 1953 kommt es zum Volksaufstand.
Wenige Jahre später befindet sich die SED erneut in einer Krise, und die DDR-Bürger werden abermals mutig: Nachdem der Parteichef der KPdSU, Nikita Chruschtschow, im Februar 1956 auf dem XX. Parteitag die Verbrechen Stalins anprangert, kommt es im gesamten Ostblock zu einer tiefen Glaubenskrise der Kommunisten. Für wenige Monate macht sich eine liberalere Politik breit, für die sich der Begriff „Tauwetter“ eingebürgert hat. Aber die Unruhen in Polen und der Aufstand in Ungarn im November 1956 führen zu einem schnellen Ende der politischen Lockerungen im Ostblock – und in der DDR.
Zitierempfehlung: „Kontext zum Portal Volksaufstand“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Oktober 2016, www.jugendopposition.de/145348
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