Leipzig 1981. Uwe Schwabe beginnt mit 19 Jahren seinen Dienst bei der Nationalen Volksarmee (NVA). Da er zur See fahren möchte, hat er sich für vier Jahre verpflichtet. Die dortigen Erziehungsversuche, Demütigungen und Bespitzelungen wecken jedoch seinen Widerspruchsgeist und lassen ihn Abstand zum System nehmen. Bei der NVA begegnet er Udo Hartmann, der ihn später mit zur Jungen Gemeinde (JG) der Leipziger Nikolaikirche nimmt. So lernt Uwe Schwabe einen Ort kennen, an dem man freier reden und politisch kontrovers diskutieren kann.
In der JG engagiert sich Uwe Schwabe in der AG Umweltschutz. Die Jugendlichen säubern öffentliche Parkanlagen, um zu verdeutlichen, dass jeder Einzelne selbst für die Umwelt verantwortlich ist. Uwe Schwabe zeigt seinen Betrieb, der Altöl und andere giftige Stoffe ungeschützt lagert und aus den morschen Fässern auslaufen lässt, wegen Umweltverschmutzung an. Die Missstände werden weitgehend beseitigt, doch Uwe Schwabe wird danach so lange schikaniert, bis er freiwillig kündigt.
1986 gründet er mit Freunden die Initiativgruppe Leben (IG Leben), der das Thema Umweltschutz allein zu wenig ist. Sie will auch politisch etwas ändern. Wenn es sein muss, auch durch Aktionen außerhalb der Legalität. Die IG Leben möchte möglichst die gesamte Bevölkerung erreichen und verlässt deshalb den Schutz der Kirche. Sie ist beteiligt an den Pleiße-Gedenk-Umzügen im Juni 1988 und 1989, an der Leipziger Luxemburg-Liebknecht-Demonstration im Januar 1989, am Straßenmusikfestival im Juni 1989 sowie an den Friedensgebeten und Montagsdemonstrationen.
Die Stasi beobachtet Uwe Schwabe rund um die Uhr. Stasi-Leute verstecken sich im Bauwagen gegenüber seiner Wohnung oder observieren ihn ganz offensichtlich, um ihn einzuschüchtern. Während der nicht genehmigten Luxemburg-Liebknecht-Demonstration am 15. Januar 1989 sitzen er und seine Mitstreiter in Untersuchungshaft. Ein Spitzel hat ihn und seine Freunde verraten, weil sie 12.000 Flugblätter mit dem Aufruf zur Demonstration für Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit gedruckt und verteilt haben. Zu Uwe Schwabes großer Freude findet die Demo dennoch statt: Rund 800 Leute haben den Mut, trotz des Verbots auf die Straße zu gehen und ihre grundlegenden Menschenrechte einzufordern.
Biografische Angaben zu Uwe Schwabe finden sie im Personenlexikon.
Zitierempfehlung: „Uwe Schwabe“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Dezember 2019, www.jugendopposition.de/145500
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Leipzig war so eine Besonderheit, dort gab es seit 1988 jeden Montag die Friedensgebete in der Nikolaikirche. Da haben wir immer versucht, das Gebet mit einer Aktion zu verbinden. Das waren zum Teil primitive Sachen: Wir müssen auf die Umweltsituation aufmerksam machen. Wir sind nach dem Friedensgebet in einen Park von Leipzig gegangen und haben Papier aufgelesen oder sauber gemacht. Symbolische Aktionen, um die Leute zu animieren: ´Ihr seid selber verantwortlich für eure Umwelt`. Im November 1987 war der Überfall auf die Umwelt-Bibliothek [Berlin]. Die Staatssicherheit hat die Umwelt-Bibliothek in einer Nacht-und-Nebel-Aktion überfallen und versucht, die Drucker des ´grenzfall`, das war die Samisdat-Zeitschrift, auf frischer Tat zu ertappen. Aber die wurde an dem Tag gar nicht gedruckt. Trotzdem wurden die Leute inhaftiert. Sie wurden aber ganz schnell wieder frei gelassen.
Im Januar 1988 war die Karl-Liebknecht-Rosa-Luxemburg-Demonstration` an der verschiedene Oppositionelle teilgenommen haben – wie Stefan Krawcyk, Freya Klier, Wolfgang Templin, Bärbel Bohley, Gerd Poppe, glaub ich noch. Die sind auch inhaftiert worden. Stefan Krawcyk und Freya Klier sind in den Westen abgeschoben worden. Da gab es eine Riesen-Solidarisierungs-Aktion in der ganzen DDR, auch in Leipzig. Es fanden in vielen Kirchgemeinden jeden Tag Veranstaltungen statt, Fürbitt-Aktionen. Das hat einen Riesen-Mobilisierungs-Effekt für Leipzig gehabt, weil man gemerkt hat: Man kann was erreichen und diesen Staat unter Druck setzen.
Friedensgebete wurden nach diesen Ereignissen 1988 viel politischer. Dort sind auch Gruppen aufgetreten, die politische Forderungen gestellt haben. Das hat wiederum anderen Gruppen nicht gepasst. Die haben gesagt: ´in Friedensgebet, das ist kein Polit-Forum. Da können wir keine Erklärungen vorlesen. Das ist ein Friedensgebet, der Charakter muss erhalten bleiben` Da gab es Konflikte zwischen den einzelnen Gruppen.
Uwe Schwabe, Zeitzeuge auf www.jugendopposition.de