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Mahnwache in der Gethsemanekirche

„Wachet und betet. Mahnwache für die zu Unrecht Inhaftierten“ auf dem Gelände der Ostberliner Gethsemanekirche (Oktober 1989). Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
„Wachet und betet. Mahnwache für die zu Unrecht Inhaftierten“ auf dem Gelände der Ostberliner Gethsemanekirche (Oktober 1989). Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
Am 7. Oktober 1989 schreibt Jörg Zickler einen Brief an seine Eltern, in dem er über die Mahnwache in der Gethsemanekirche Berlin berichtet. Noch am selben Tag wird der 24-Jährige bei einer Demonstration verhaftet. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft,...
Am 7. Oktober 1989 schreibt Jörg Zickler einen Brief an seine Eltern, in dem er über die Mahnwache in der Gethsemanekirche Berlin berichtet. Noch am selben Tag wird der 24-Jährige bei einer Demonstration verhaftet. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft, Seite 1 von 2
Abschrift
Am 7. Oktober 1989 schreibt Jörg Zickler einen Brief an seine Eltern, in dem er über die Mahnwache in der Gethsemanekirche Berlin berichtet. Noch am selben Tag wird der 24-Jährige bei einer Demonstration verhaftet. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft,...
Am 7. Oktober 1989 schreibt Jörg Zickler einen Brief an seine Eltern, in dem er über die Mahnwache in der Gethsemanekirche Berlin berichtet. Noch am selben Tag wird der 24-Jährige bei einer Demonstration verhaftet. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft, Seite 2 von 2
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Kerzen als Symbol für den friedlichen Protest: Mahnwache auf dem Gelände der Gethsemanekirche für die Freilassung politisch Inhaftierter. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Rolf Zöllner
Kerzen als Symbol für den friedlichen Protest: Mahnwache auf dem Gelände der Gethsemanekirche für die Freilassung politisch Inhaftierter. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Rolf Zöllner
Silvio Wendrich und Franka Otto bei der Gestaltung von Transparenten für die Mahnwache in der Gethsemanekirche. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
Silvio Wendrich und Franka Otto bei der Gestaltung von Transparenten für die Mahnwache in der Gethsemanekirche. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
Versammlung am 8. Oktober 1989 in der Gethsemanekirche nach den Ausschreitungen in der vergangenen Nacht. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Rolf Zöllner
Versammlung am 8. Oktober 1989 in der Gethsemanekirche nach den Ausschreitungen in der vergangenen Nacht. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Rolf Zöllner
Mahnwache in der Gethsemanekirche für die Freilassung der politisch Inhaftierten. Im Bild der Platz vor der Gethsemanekirche am Abend des 8. Oktober 1989. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
Mahnwache in der Gethsemanekirche für die Freilassung der politisch Inhaftierten. Im Bild der Platz vor der Gethsemanekirche am Abend des 8. Oktober 1989. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
Die Aktionsgruppe Mahnwache Berlin Gethsemanekirche ruft zur Teilnahme und Organisation von Mahnwachen für die zu Unrecht Inhaftierten auf. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
Die Aktionsgruppe Mahnwache Berlin Gethsemanekirche ruft zur Teilnahme und Organisation von Mahnwachen für die zu Unrecht Inhaftierten auf. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
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Mahnwache auf dem Gelände der Gethsemanekirche für die Freilassung der politisch Inhaftierten. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
Mahnwache auf dem Gelände der Gethsemanekirche für die Freilassung der politisch Inhaftierten. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
Die Organisatoren und Teilnehmer der Mahnwache werden von der Bevölkerung unterstützt. In den Fenstern standen Kerzen, als Zeichen der Solidarität. Die Fleischer, Kneipiers und Gewerbetreibenden, die in der Umgebung ihre Läden hatten, brachten Essen,...
Die Organisatoren und Teilnehmer der Mahnwache werden von der Bevölkerung unterstützt. In den Fenstern standen Kerzen, als Zeichen der Solidarität. Die Fleischer, Kneipiers und Gewerbetreibenden, die in der Umgebung ihre Läden hatten, brachten Essen, Getränken und alles Mögliche, was man zum Leben braucht. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
Teilnehmer der Mahnwache in der Gethsemanekirche für die Freilassung der politisch Inhaftierten. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
Teilnehmer der Mahnwache in der Gethsemanekirche für die Freilassung der politisch Inhaftierten. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
Volkspolizei und Stasi beobachten die Mahnwache für die Freilassung der politisch Inhaftierten auf dem Gelände der Gethsemanekirche. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Torsten Friesecke
Volkspolizei und Stasi beobachten die Mahnwache für die Freilassung der politisch Inhaftierten auf dem Gelände der Gethsemanekirche. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Torsten Friesecke
Ein Fehrsehteam aus der Bundesrepublik wird von Volkspolizisten bei der Berichterstattung über die Mahnwache behindert. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
Ein Fehrsehteam aus der Bundesrepublik wird von Volkspolizisten bei der Berichterstattung über die Mahnwache behindert. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
Oktober 1989, Abschlussfest der erfolgreichen Mahnwache für die Freilassung der politisch Inhaftierten. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
Oktober 1989, Abschlussfest der erfolgreichen Mahnwache für die Freilassung der politisch Inhaftierten. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
Oktober 1989, Abschlussfest der erfolgreichen Mahnwache für die Freilassung der politisch Inhaftierten. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
Oktober 1989, Abschlussfest der erfolgreichen Mahnwache für die Freilassung der politisch Inhaftierten. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Frank Ebert
Polizeinotiz zur Personenkontrolle von Frank Ebert, der auf dem Weg zur Mahnwache ist (5. Oktober 1989).
Polizeinotiz zur Personenkontrolle von Frank Ebert, der auf dem Weg zur Mahnwache ist (5. Oktober 1989).
Quelle: Bundesarchiv / Stasi-Unterlagen-Archiv Abschrift
Mahn- und Fastenaktion auf dem Gelände der Gethsemanekirche am 9. Oktober 1989.
Mahn- und Fastenaktion auf dem Gelände der Gethsemanekirche am 9. Oktober 1989.
Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
Klaus Kupler am Kontakttelefon im Gemeindehaus der Gethsemanekirche (12. Oktober 1989).
Klaus Kupler am Kontakttelefon im Gemeindehaus der Gethsemanekirche (12. Oktober 1989).
Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
Das Kontakttelefonbüro im Gemeindehaus der Gethsemanekirche. V.l.n.r.: Uwe Gottschling, Hanfried Zimmermann, Jürgen Gernentz, Uwe Kraeusel, Christoph Singelnstein, Thomas Jahn.
Das Kontakttelefonbüro im Gemeindehaus der Gethsemanekirche. V.l.n.r.: Uwe Gottschling, Hanfried Zimmermann, Jürgen Gernentz, Uwe Kraeusel, Christoph Singelnstein, Thomas Jahn.
Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
Mahnwache auf dem Gelände der Gethsemanekirche im Oktober 1989.
Mahnwache auf dem Gelände der Gethsemanekirche im Oktober 1989.
Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft/Jürgen Gernentz
Oktober 1989, Abschlussfest der erfolgreichen Mahnwache für die Freilassung der politisch Inhaftierten.
Oktober 1989, Abschlussfest der erfolgreichen Mahnwache für die Freilassung der politisch Inhaftierten.
Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft
Der damals erst 19-jährige Frank Ebert (sitzend), als Teilnehmern an der Mahnwachein in der Gethsemanekirche für die Freilassung der politisch Inhaftierten.
Der damals erst 19-jährige Frank Ebert (sitzend), als Teilnehmern an der Mahnwachein in der Gethsemanekirche für die Freilassung der politisch Inhaftierten.
Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft

Junge Oppositionelle suchen einen geeigneten und sicheren Ort, um ihre Solidarität mit den politischen Gefangenen aus Leipzig und anderen Orten zu zeigen. Doch viele Berliner Kirchengemeinden wagen es noch im September 1989 nicht, ihr Gotteshaus für Protestveranstaltungen zu öffnen. Schließlich stellt Pfarrer Werner Widrat die Gethsemanekirche in Berlin-Prenzlauer Berg zur Verfügung.

Am 2. Oktober 1989 beginnen hier ein gutes Dutzend Aktivisten des Weißenseer Friedenskreises, der Umwelt-Bibliothek (UB) Berlin und der Kirche von Unten (KvU) mit einer Mahnwache rund um die Uhr. Über den Kircheneingang hängen sie gut sichtbar ein Stofftransparent mit der Forderung „Freiheit für die politisch Inhaftierten“, das wenig später durch die Losung „Wachet und betet. Mahnwache für die zu Unrecht Inhaftierten“ ersetzt wird. Das ist ein Kompromiss zwischen Kirche und Staat (Bildergalerie).

Wenige Tage darauf, am Abend des 7. Oktober 1989, eskaliert die staatliche Gewalt gegenüber Demonstranten während des 40. Republikgeburtstags in Berlin, Leipzig, Magdeburg, Plauen und anderen Orten. Einige der heftigsten Auseinandersetzungen finden direkt vor den Türen der Berliner Gethsemanekirche statt. Schnell entwickelt sich die Kirche zu einem Kommunikationszentrum, ja zu einer „Nachrichtenagentur“ der Opposition. Hier werden alle Informationen zusammengetragen: die Anzahl der Demonstranten, ihre Forderungen, die Zahl und die Namen der Festgenommenen.

Die Kirche wird zur Kontakt- und Nachrichtenzentrale

Hunderte Menschen kommen in den Tagen nach dem 7. Oktober 1989 in die Kirche, um etwas über den Verbleib ihrer verhafteten Angehörigen zu erfahren. Denn von staatlicher Seite ist nichts zu vernehmen. Dieses inoffizielle Pressezentrum sammelt auch wertvolle Infos über die Aktivitäten von Bürgerrechtlern, über Erklärungen von Musikern und Künstlern, über die Gründung von Bewegungen, Initiativen, Parteien und Gewerkschaften. Von hier aus werden sie in der DDR verbreitet. Überall in der Kirche hängen Zettel mit Aufrufen und Listen mit Kontaktadressen.

Das hat es in der DDR noch nicht gegeben: Die vielen ausländischen Journalisten finden in der Gethsemanekirche einen Kontakt- und Nachrichtenpool vor, mit dem sie nicht rechnen, als sie zur Berichterstattung über die Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR anreisen.

Verbreitet werden die Nachrichten im ganzen Land auf eilig gedruckten Flugblättern, ab dem 10. Oktober 1989 auch über den telegraph der UB, der zu dieser Zeit einzigen unabhängigen Zeitschrift der DDR. Aus allen Ecken des Landes kommen Menschen angereist, berichten bei Andachten und Fürbittgebeten und nehmen Informationen mit zurück.

Viele halten auch telefonisch Kontakt zur Gethsemanekirche, obwohl sie sich denken können, dass die Staatssicherheit mithört. Seit dem 10. Oktober 1989 ist im Büro der Gethsemanegemeinde das Kontakttelefon permanent besetzt. Till Böttcher und andere Freiwillige nehmen Berichte aus der ganzen DDR entgegen: zu Festnahmen, Hausdurchsuchungen, Schnellgerichtsurteilen, Ausweisungen sowie Solidaritätsaktionen und Demonstrationen.

Die Gethsemanekirche ist ein Versammlungsort für Christen und Nichtchristen, für Mitglieder der Amtskirche wie Bischof Gottfried Forck und für Punks. Christlich motivierter Widerstand verbindet sich in diesem Raum mit den politischen Ambitionen nichtkirchlich gebundener Menschen. Besonders junge Leute zieht der Ort an, denn auf völlig ungewohnte Weise wird hier Tag und Nacht offen über alles diskutiert, gestritten und vieles geplant. Das geschieht in einer derart freien Atmosphäre, wie sie die Menschen im Osten Deutschlands seit Jahrzehnten nicht mehr erleben konnten. Brennende Kerzen vor und im Gotteshaus symbolisieren den Willen zum friedlichen Widerstand.

Die Mahnwache in der Gethsemanekirche ist von höchster politischer Brisanz. Auch wenn es aus heutiger Sicht nicht mehr so erscheinen mag: Die Aktivisten gehen mit ihrem offenen Protest Anfang Oktober 1989 noch immer ein hohes Risiko ein. Noch ist der Widerstand gegen das System nicht gefahrlos, wie die Verhaftung von Mitgliedern der Leipziger Friedensandacht am 9. Oktober 1989 zeigt. (An der Mahnwache nimmt auch der 19-jährige Frank Ebert teil. Er stellt sich mehrfach den Polizeiketten vor der Kirche entgegen, erreicht den freien Abzug von Besuchern der Mahnwache und vervielfältigt in der Druckerei der UB Flugblätter. Im Zeitzeugen-Interview berichtet er über die Ereignisse in und um die Gethsemanekirche.)

Zitierempfehlung: „Mahnwache in der Gethsemanekirche“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Dezember 2019, www.jugendopposition.de/145461

 


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Frank Ebert gehört zur letzten Generation der Jugendopposition in der DDR, bevor der Staat aufhört zu existieren, politisiert durch die Ereignisse in Jena Anfang der 1980er Jahre, von denen er durch seine ältere Schwester erfährt. Weiter...

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