Abschrift
Am achten Tag kam ich raus. Ich war völlig irritiert und konnte nicht in die Schauspielschule zurück, weil ich jeden Tag zur Vernehmung bestellt wurde. Das ging bis November. Jeden Tag, statt dein Studium zu betreiben, aus dem du ja auch gerissen warst. Es waren Gott sei Dank Semesterferien, und ich dachte: Ab September kann ich da wieder hin. Nein – ich kriegte Hausverbot, und es wurde erst mal alles zurückgestellt bis nach dem Prozess.
Der Prozess fand im November statt. Bis zum November musste ich viermal die Woche zur Magdalenenstraße fahren. Ich wurde vernommen, alle anderen auch, da hat man sich dann auch getroffen. Früh, auf dem Weg zum Ministerium für Staatssicherheit, habe ich Erika Berthold gesehen. Auch mein Vater wurde vernommen. Dann kamen die Prozesse. Ich habe ein Jahr und vier Monate mit Haftaussetzung gekriegt. Das war nicht Bewährung, und wir haben lange gegrübelt, warum das so war. Der eine hat gesagt: ´Die Russen wollen die Urteile haben und wenn da Haftaussetzung steht, dann ist das nicht Bewährung`.
Im Grunde lief es auf Bewährung hinaus. Die dauerte, so weit ich mich erinnere, zwei Jahre. So lange, wie die Zeit, die ich in der Fabrik arbeiten musste. Studieren durfte ich da nicht. Aber ich hatte das Versprechen: Wenn ich mich zwei Jahre in der Produktion bewährt habe, darf ich mein Schauspielstudium weiterführen. Und das war bei den anderen ebenso. Ich hatte nach zwei Jahren keine Lust mehr, zurück zur Schauspielschule zu gehen.
Bettina Wegner, Zeitzeugin auf www.jugendopposition.de