Staatsbürgerkunde
Schulpflichtfach in der DDR, das zunächst ab der neunten Klasse auf dem Lehrplan steht, ab 1969 von der siebten Klasse an. Die Schüler sollen in diesem Fach die SED-Ideologie kennen lernen und sich mit ihr identifizieren. Dazu gehört das Feindbild westlicher „Imperialismus“ und ein über jede Kritik erhabenes Bild des Ostblocks. Grundsätzliche Diskussionen über den Sozialismus und seine Politik werden nicht zugelassen. Im Schülerjargon wird das Fach wie weitere Veranstaltungen dieser Art abfällig als „Rotlichtbestrahlung“ bezeichnet. Es ist weithin verhasst. Das Fach ist aber nicht nur zur Ideologieverbreitung gedacht, sondern dient auch der Überprüfung der Schüler und ihrer Elternhäuser hinsichtlich ihrer politischen Ansichten. Die Staatsbürgerkunde-Note auf dem Abschlusszeugnis entscheidet mehr als alle anderen Leistungen darüber, ob beispielsweise einem Abiturienten ein Studienplatz zugewiesen wird. Hier „lernen“ viele DDR-Menschen, ihre wahre Meinung zu verbergen und der offiziellen Propaganda formal zuzustimmen. Dieses Phänomen wird als „Schizophrenie“ bezeichnet. Nicht wenige Schüler leiden unter der erzwungenen Doppelzüngigkeit, können sich daraus aber nicht selbst befreien.