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Revolution 89 - Oppositionszentrum Leipzig_RHG_Fak_0115

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Nach dem Friedensgebet in der Nikolaikirche am 14. März 1989 gibt es eine Demo in der Messe-Metropole der DDR: Es wird gegen die Inhaftierung zweier Leipziger und gegen den „Schaufensterfrieden“ in Leipzig während der Frühjahrsmesse protestiert....
Nach dem Friedensgebet in der Nikolaikirche am 14. März 1989 gibt es eine Demo in der Messe-Metropole der DDR: Es wird gegen die Inhaftierung zweier Leipziger und gegen den „Schaufensterfrieden“ in Leipzig während der Frühjahrsmesse protestiert. Zudem machen die Demonstranten auf die Ausreiseproblematik aufmerksam. Im Bild: Bericht der Initiativgruppe Leben. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft, Seite 1 von 2


Abschrift:

Demonstration in der Messe-Metropole der DDR



Demonstration in der Messe-Metropole der DDR


Nach Abschluß des Friedensgebetes in der Nikolaikirche am Montag, 14.3.1988, an dem sich ca. 900 Leipziger beteiligten, versammelte sich ein Großteil der Teilnehmer auf dem Kirchhof und füllte ihn nahezu aus. Nach zwanzigminütigem Beieinanderstehen und unter fortlaufenden Diskussionen zu immer noch ungeklärten Fragen, die durch das Friedensgebet zwar angesprochen wurden, doch sicher noch nicht für den Großteil verständlich genug abgeklärt wurden, begann sich eine Gruppe der Teilnehmer in Richtung Stadtzentrum in Bewegung zu setzen. Immer mehr der auf dem Kirchhof Versammelten schlossen sich dem Zug an, so daß ca. 400 Friedensgebetteilnehmer begannen, in Richtung Thomas-Kirche zu laufen.
Der so spontan gebildete Umzug führte vorbei an einem Spalier von zivilen Sicherheitsbeamten, Schaulustigen, Interessierten und Besuchern der Frühjahrsmesse. Eine eindrucksvolle Demonstration als Ausdruck des Protestes gegen die Inhaftierung zweier Leipziger, Karin Moran und Hans-Joachim Pfeiffer, aus Protest gegenüber dem „Schaufensterfrieden“ in Leipzig anläßlich der Frühjahrsmesse und um in der Öffentlichkeit auf die Ausreiseproblematik aufmerksam zu machen.
Eine gewisse Ratlosigkeit von Seiten der Staatssicherheit, wie man diesen Marsch zum Anhalten und Auflösen bringen könne, ohne Aufsehen und etwaigen Argwohn unter den Messebesuchern zu erregen, war nicht zu übersehen.
An der Thomas-Kirche angelangt, bildeten die Demonstranten einen Kreis. Dabei wurde versucht, eine Gruppe Sicherheitsbeamter in das Kreisinnere einzuschließen. Diese ergriffen sofort die Flucht, in der weisen Ahnung, dann dem offenen Spott preisgegeben zu sein. Auch bei dem Versuch, jene Beamte in die Gemeinschaft einzubeziehen, flohen diese vor entgegengestreckten Händen.
Nachdem der Kreis geschlossen wurde, in Form einer Kette, begannen die Teilnehmer des Friedensgebetes den Vers zu singen ‚Hewenu schalom eluchem‘ (Wir bringen euch Frieden). Die Gruppe lief dann zurück zum Leipziger Markt unter fortlaufendem Gesang, bildete auch dort einen Hand-zu-Hand-Ring und liefen weiter in einer Kette zurück zur Nikolai-Kirche. Auf diesem Weg, vom Markt zur Nikolai-Kirche, forderte erstmalig ein Polizei-Streifenwagen die Demonstranten auf, den Marsch aufzulösen. Ungeachtet dessen lief die Gruppe singender Demonstranten zurück zum Nikolai-Kirchhof und löste sich erst dort nach einigen Minuten auf.

Ohne einen direkten Aufruf, einfach aus einer inneren Übereinstimmung heraus, gelang es seit langem, in Leipzig auch außerhalb der Kirche Gemeinschaft zu bilden und in Form des Marsches Protest zu bekunden. Am Marsch waren nicht allein Ausreisewillige beteiligt, sondern auch Vertreter der Basisgruppe Initiativgruppe Leben und weitere Menschen, die sich für die Durchsetzung der Menschenrechte in der DDR einsetzen. Ein erstes gutes Zeichen dafür, daß das Recht auf freie Wahl des Wohnsitzes nicht allein ein Problem und Aufgabe der jeweiligen Antragsteller ist, sondern, daß sich gerade auch Menschen mit den Ausreisewilligen solidarisieren, die nicht das Land verlassen wollen, wohl aber das Menschenrecht anerkennen und endlich gemeinsam mit den betreffenden Antragstellern aktiv dafür eintreten. Ein gutes Zeichen auch dafür, daß nicht mehr geduldet wird, daß Menschen, die den Sinn ihres Lebens in einem anderen Land finden wollen, nicht länger Ausgestoßene unseres Landes sein dürfen.
Letztlich muß noch hervorgehoben werden, daß es dieses Mal zu keinen Ausschreitungen von Seiten der Polizei als auch von den Demonstranten gekommen ist, so daß dieser Umzug einen guten Abschluß des Friedensgebetes bildete.
Dieses primitive Recht, solch einen friedlichen Umzug zu gestalten, das an jenem Montag widerrechtlich zu den DDR-Gesetzen einfach in Anspruch genommen worden ist, muß Inhalt unserer weiteren Arbeit bleiben.


Initiativgruppe Leben (IGL) Leipzig


bitte abdrucken- in Umweltblättern ?

für die Initiativgruppe Leben:

Uwe Schwabe
Christoph Motzner
Michael Arnold

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