Die Feierlichkeiten „40 Jahre DDR“ am 7. Oktober 1989 sollen die erfolgreiche Entwicklung des Arbeiter-und-Bauern-Staates belegen. Große Festumzüge, Aufmärsche und Volksfeste bilden das Programm, das die Errungenschaften des Sozialismus auf deutschem Boden demonstrieren soll. Berlin erwartet Staatsgäste aus aller Welt, der prominenteste ist wohl der Generalsekretär der Kommunistischen Partei der SowjetunionMichail Gorbatschow. Dessen Politik einer Reform des Sozialismus findet in großen Teilen der DDR-Bevölkerung Unterstützung, während die SED-Führung sich jeglichen Reformideen verweigert.
Die Festregie konzentriert sich ganz darauf, die erfolgreiche Arbeit der Partei- und Staatsführung zu zelebrieren. Die zunehmende Krise im Land wird dabei gänzlich ausgeblendet. Stasi-Chef Erich Mielke ordnet am 5. Oktober 1989 in Vorbereitung der Feierlichkeiten an, die „Anreise aller Personen, von denen Gefahren ausgehen können, während des Aktionszeitraumes unter Nutzung aller Möglichkeiten und mit allen Mitteln konsequent zu verhindern“.
„Gorbi“ bringt die Lage der SED griffig auf den Punkt: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“
Mit den offiziellen Feierlichkeiten demonstriert die Staats- und Parteiführung Macht und Kampfbereitschaft – mit dem Fackelzug der SED-Jugendorganisation Freie Deutsche Jugend (FDJ) am Vorabend des Feiertags ebenso wie mit der martialischen Militärparade der Nationalen Volksarmee am 7. Oktober 1989 in der Karl-Marx-Allee.
An den Politgrößen des In- und Auslands ziehen stundenlang Tausende Soldaten vorbei, es paradieren Panzer und Geschützwagen mit aufgestellten Raketen. Der schwer kranke Parteichef Erich Honecker nimmt die Truppenparade von der Tribüne aus müde winkend ab. Die sowjetische Reformpolitik von Glasnost (russisch für Transparenz) und Perestroika (russisch für Umgestaltung), das ist dem Betrachter der Aufmärsche klar, hat bei dieser DDR-Führung keine Chance.
Michail „Gorbi“ Gorbatschow wird von der internationalen Presse zum Problem der krisengeschüttelten und reformunwilligen SED-Führung angesprochen. Er erklärt: "Ich glaube, Gefahren warten nur auf jene, die nicht auf das Leben reagieren." Aus diesem Satz wird schnell die verkürzte Redewendung: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben." Die Westmedien verbreiten diesen Spruch, und er erlangt in der DDR und in der Bundesrepublik schnell große Popularität.
Die DDR-Presse feiert das Jubiläum mit den gewohnten Phrasen. Man spricht von „festlichen und frohen Stunden, die den Gästen aus dem In- und Ausland einen Eindruck von der Leistungskraft unseres Landes vermittelten“. Währenddessen bahnt sich in der Nähe des Palastes der Republik, dem offiziellen Feierort, das Ende des Arbeiter-und-Bauern-Staates an.
Zitierempfehlung: „7. Oktober 1989 - 40 Jahre DDR“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Dezember 2019, www.jugendopposition.de/145459