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Stasi-Besetzungen, MfS_HA-VIII_Nr-1672_Bl-264, Seite 1

Bericht des Zentralen Operativstabs der Staatssicherheit über die Besetzungen der Kreisämter und Bezirksdienststellen des neugegründeten Amtes für Nationalesicherheit (AfNS). Quelle: BStU, MfS_HA-VIII_Nr-1672_Bl-264, Seite 1
Bericht des Zentralen Operativstabs der Staatssicherheit über die Besetzungen der Kreisämter und Bezirksdienststellen des neugegründeten Amtes für Nationalesicherheit (AfNS). Quelle: BStU, MfS_HA-VIII_Nr-1672_Bl-264, Seite 1


Abschrift:

[Seite 1]
Zentraler Operativstab
Berlin, 06.12.1989
Bericht zur sicherheitspolitischen Lage in der Hauptstadt und in den Bezirken der DDR im Zeitraum vom 05.12.1989 zum 06.12.1989
Bezirk Cottbus
In der Zeit von 10.30 Uhr bis 16.30 Uhr erfolgte durch zwei Vertreter der Bezirksstaatsanwaltschaft und einem Genossen der BDVP Cottbus gemeinsam mit einem Vertreter des Neuen Forum sowie 2 Vertretern der Betriebsgewerkschaftsorganisation des RAW Cottbus die Begehung des BANS Cottbus. ES-Wurde u.a. der Computerraum, der RD besichtigt und die Konzentration der Papiervernichtungsanlagen in einem Raum sowie dessen Versiegelung veranlaßt. Des weiteren wurden die Räume der Zentralen Papiervernichtung und des Archivs der Abt. XII des BANS versiegelt. Nach gemeinsamer Absprache wurden folgende Festlegungen wirksam:
• Durchführung von Taschenkontrollen bei Verlassen des Dienstobjektes durch Mitarbeiter des BANS und Vertreter der o.g. Organisationen
• Durchführung von Kontrollen der Heizräume und der Kfz-Ausfahrt.
In folgenden Kreisämtern fanden am 05.12.1989 ebenfalls Begehungen der Staatsanwaltschaften im Beisein von Vertretern der Bürgerinitiativen statt:
• Bad Liebenwerda von 15.00 Uhr bis 17.00 Uhr durch 10 Personen, darunter 5 Vertreter des Neuen Forums; Versiegelung von 5 Panzerschränken
• Guben von.14.00 Uhr bis 17.30 Uhr durch Vertreter der Kreisstaatsanwaltschaft, des Neuen Forums, der NDPD, einer unabhängigen Untersuchungskommission und dem Leiter des VPKA, Abt. K; Versiegelung von 3 Panzerschränken u.a. des Panzerschrankes des Leiters des KA
• Herzberg von 10.30 Uhr bis 12.00 Uhr durch insgesamt 13 Personen u.a. 9 Vertreter der Bürgerinitiativen, darunter Pfarrer Timm; keine Versiegelungen
• Lübben 15.10 Uhr bis 16.00 Uhr Schulungsobjekt Briesensee durch 4 Personen darunter ein Vertreter der LDPD, die "Kontolleure" waren über den vorgefundenen Kompfort diese Objektes enttäusch
• Weißwasser ab 14.00 Uhr begannen der Kreisstaatsanwalt, 2 Mitarbeiter des VPKA, Abt. K, 3 Abgeordnete der Volkskammer, 3 Mitglieder der LDPD, der CDU-Kreissekretär und Pfarrer Müller (unter den Genannten waren Mitglieder des Neuen Forums) mit der Sichtung der Dokumente/Materialien in den am Vorabend versiegelten Räumlichkeiten und Panzerschränken.
Durch den amtierenden Generaldirektor des VEB Gaskombinat Schwarze Pumpe wurde bekannt, daß am 06.12.1989 von 09.00 Uhr bis 10.00 Uhr in der Abteilung Mechanik und Grundfondinstandsetzung der zentralen Werkstätten ein Warnstreik durchgeführt werden soll. Dieser Warnstreik würde bei Nichterfüllung der Forderungen nach Herauslösung der SED aus dem Betrieb und Auflösung der Kampfgruppen der Arbeiterklasse durchgeführt werden. Maßnahmen zur Verhinderung dieses Streikes bzw. zur Eindämmung des zu erwartenden Schadens wurden eingeleitet. Den Forderungen würde entsprochen.

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Bezirk Frankfurt (O.)
Am 05.12.1989, gegen 19.45 Uhr erschienen vor dem Ausbildungsgelände der HA XXII in Wartin/ Angermünde 7 Personen der SDP auf Grund von Hinweisen aus der Bevölkerung. Es sollen Hubschrauber gestartet und Sprengungen durchgeführt worden sein. Weiterhin soll starker LKW-Verkehr herrschen. Überprüfungen ergaben, daß vor ca. 5 Jahren die letzten Hubschrauber starteten. Den Personen wurde das Ausbildungsgelände gezeigt und erklärt, daß die Sprengungen notwendig sind für eine Terrorabwehrübung.
Danach verließen die Personen das Gelände.
Bezirk Gera
Am 05.12.1989 in den Vormittagsstunden erfolgte durch den Bezirksstaatsanwalt von Gera in Anwesenheit von Pressevertretern die Versiegelung des Archives der Abt. XII und der Verkollerungsanlage des Bezirksamtes Gera.
Staatsanwaltliche Versiegelungen erfolgten des weiteren in den Kreisämtern Schleiz, Eisenberg, Pößneck und Lobenstein.
Vor dem Kreisamt Jena erschienen am 05.12.1989 erneut ca. 300 Personen und verlangten Einlaß. Der Einlaß von 20 Bürgern wurde in Anwesenheit des Kreisstaatsanwaltes und von Angehörigen der DVP gewährt. Die Demonstranten forderten demonstrativ die Schließung des KA und erklärten nach dem Dialog, daß sie jeden Tag wieder kommen. Mehrere Räume sowie drei elektrische Aktenvernichter wurden versiegelt. Im Objekt verblieben 2 Studentinnen der FSU Jena, 2 Angehörige der DVP und 5 Mitarbeiter des KA.
Stadtroda (ca. 5.400 Einwohner) Am 05.12.1989 fand in der Zeit von 18.00 Uhr bis 19.00 Uhr Stadtgebiet eine genehmigte Demonstration (ca. 400 Personen) unter Verantwortung des Pfarrer Schwochow "NF" statt. Vor dem inzwischen beräumten KA wurde u.a. gerufen: "Deutschland einig Vaterland", "Wo ist unser Geld geblieben" und "Stasi Schweine". Weiterhin wurden BRD-Fahnen mitgeführt.
Leutenberg/Saalfeld (ca. 2.100 Einwohner) Am 05.12.1989 von 18.20 Uhr bis 20.00 Uhr fand eine Demonstration, ausgehend vom Marktplatz Leutenberg zur Friedensburg statt. Die ca. 3.000 Personen forderten auf mitgeführten Transparenten die Übergabe der Friedensburg an die Bevölkerung. Nach Erreichen der Friedensburg löste sich die Demonstration ohne Vorkommnisse auf.

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Bezirk Karl-Marx-Stadt
Penig/Rochlitz (ca. 9.300 Einwohner) Vor dem Ernst-Thälmann-Denkmal versammelten sich gegen 17.30 Uhr ca. 300 Personen und demonstrierten durch den Ort. Dem Demonstrationszug wurde eine BRD-Fahne vorangetragen. Sprechchöre forderten "SED raus aus den Betrieben" und "Kampfgruppen weg". Während der anschließenden Kundgebung sprachen Vertreter des Rates der Stadt zu kommunalen Problemen. Gleichzeitig erfolgte eine klare Distanzierung von Aufrufen zum Generalstreik. Gegen 18.35 Uhr wurden die Veranstaltungen ohne gewaltsame Übergriffe beendet.
Bezirk Magdeburg
Am 05.12.1989 erfolgten im BANS und in allen Kreisämtern Versiegelungen durch Staatsanwälte. Teilweise waren Vertreter vom Neuen Forum anwesend. Versiegelt wurden Stahlschränke und Räumlichkeiten.
Die Kreisämter Stendal und Klötze mußten auf Druck von Menschenansammlungen geräumt werden. Angehörige der DVP und Vertreter vom Neuen Forum befinden sich in den Kreisämtern.

[Seite 4]

Bezirk Potsdam
Am 05.12.1989 seit 11.36 Uhr befinden sich im BANS Vertreter von Bürgerbewegungen und Angehörige der DVP. Zeitweilig war auch ein Staatsanwalt anwesend.
Die Vertreter der Bürgerbewegungen führten Gespräche mit Mitarbeitern des BA auf den Etagen und verlangten Einsicht in Akten. Dies wurde nicht gewährt.
Durch den Staatsanwalt wurden einige Räume und Panzerschränke versiegelt. Von Vertretern der Bürgerbewegungen wurden von der Losung "Ich diene der Deutschen Demokratischen Republik" die Worte "Ich diene" entfernt.
Da eine unkontrollierte Absendung von Fernschreiben zur Zeit nicht möglich ist, erfolgt nur diese mündliche Berichterstattung.
Die ca. 500 Personen, die sich im BA befanden, verließen um 00.45 Uhr das Objekt und die Vertreter des Neuen Forums sowie der Bezirksstaatsanwalt haben um 01.20 Uhr das Bezirkssamt verlassen. Die Arbeitsgruppen der Bürgerinitiativen der Stadt Potsdam wollen am 06.12.1989 ihre Arbeit im Objekt des Bezirksamtes fortsetzen.
In der Hochschule in Potsdam Eiche fanden am 05.12.1989 in der Zeit von 21.00 Uhr bis 23.25 Uhr durch 25 - 30 Personen (offensichtlich alle Mitglieder des Neuen Forum) Gespräche mit dem Leiter der Hochschule und Besichtigungen, u.a. in der Betriebsverkaufsstelle und in der Heizung statt. Im Mittelpunkt des Gespräches, das in einer gespannten aber nicht feindlichen Atmosphäre verlief, standen Fragen zu Grundsätzen der Arbeit des ehemaligen MfS.
Am 05.12.1989, gegen 20.20 Uhr erschienen ca. 50 Personen vor dem Objekt Glienicke Nordbahn, Oranienburg) und verlangten den diensthabenden Offizier zu sprechen. Dem wurde stattgegeben. Anschließend begann ein Rundgang durch das Objekt. Der Staatsanwalt versiegelte 2 Räume. In
einem Raum im Keller standen mehrere Säcke mit verkollertem Papier. Die Bürger verlangten die Aufklärung über das verkollerte Papier. Gegen 23.00 Uhr nahmen nur noch 15 Personen am Rundgang und den Gesprächen teil.
Die Personen und der Staatsanwalt verließen um 01.00 Uhr das Objekt.

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