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Revolution 89 - Verweigerung der Reiseerlaubnis_RHG_Fak_0147

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Offener Brief an die Volkskammer der DDR, in dem die Verfasser – alle in verschiedenen Friedenskreisen aktiv – im September 1985 gegen das Einreiseverbot in die benachbarte CSSR protestieren. Mit der stereotypen Antwort des Ministerium des Innern,...
Offener Brief an die Volkskammer der DDR, in dem die Verfasser – alle in verschiedenen Friedenskreisen aktiv – im September 1985 gegen das Einreiseverbot in die benachbarte CSSR protestieren. Mit der stereotypen Antwort des Ministerium des Innern, dass solche Dinge nach der Anordnung über Pass- und Visa-Angelegenheiten keiner Begründung bedürfen, geben sich die Absender nicht zufrieden. Sie fordern die Volkskammer der DDR zu einer Gesetzesänderung auf. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft


Abschrift:

Offener Brief an die Volkskammer der DDR, in dem die Verfasser – alle in verschiedenen Friedenskreisen aktiv - gegen die Verweigerung von Reisen in die benachbarte CSSR protestieren

Berlin, den Sep. 85

„Wir fordern Erweiterung der Freizügigkeit für alle DDR - Bürger !“

OFFENER BRIEF AN DIE VOLKSKAMMER DER DDR

Wir, die Unterzeichner dieses Briefes, sind in Wahrnehmung unseres staatsbürgerlichen Rechts auf politische Betätigung seit Jahren in autonomen Friedenskreisen in der DDR aktiv.
Gegen niemanden von uns liegt irgendeine polizeiliche Auflage (Aufenthaltsbeschränkung) oder ein Ermittlungsverfahren vor. Dessen ungeachtet verweigern die Grenzorgane der DDR uns das Reisen in die benachbarte ČSSR bzw. in andere sozialistische Länder...
Vielen DDR-Bürgern, z.B. jenen mit dem Ersatzausweis PM 12, sind ebenfalls Reisen ins sozialistische Ausland verweigert worden. Auch DDR-Bürger, die ihre Verwandten oder Freunde, die außerhalb der DDR leben und nicht in die DDR einreisen dürfen, im sozialistischen Ausland wiedersehen wollen, sind von Ausreiseverboten betroffen. Einigen DDR-Bürgern, die Ausreiseanträge gestellt haben, ist das Verlassen des Landes verboten, damit sie nicht im Ausland ihre Anliegen demonstrativ zum Ausdruck bringen, wie das 1984 in der Prager DDR-Botschaft geschah.
Uns jedoch, die wir keine Ausreiseanträge gestellt haben, sondern hier in der DDR für eine Friedens- und Menschenrechtspolitik arbeiten wollen, die jenseits der Ergebnisse des Kalten Kriegs liegt, wird von den Grenzorganen (die dem Ministerium für Staatssicherheit unterstellt sind) das Reisen ins sozialistische Ausland verboten. Diese neuen Repressalien gegen uns verstoßen gegen mehrere internationale Abkommen, die von der DDR unterzeichnet worden sind (UNO-Charta, Helsinki-Konferenz, Madrid-Kommunique).
Anfragen bei den zuständigen Zweigstellen des Ministeriums des Inneren ergeben die stereotypen Aussagen: Solche Maßnahmen bedürfen nach § 17 der Paß- und Visaangelgenheiten (Gesetzblatt I, Nr. 17/79, S. 151) keiner Begründung.
Mit dieser Begründung werden sich demokratisch gesinnte DDR-Bürger niemals zufrieden geben. Deshalb fordern wir die Volkskammer der DDR zu einer Änderung dieses Gesetzes auf, das in seiner bisherigen Anwendung von uns als willkürlich und undurchschaubar erfahren wird. Es darf nicht dabei bleiben, daß wir unser Recht als Gnade nur gewährt bekommen, wenn wir uns einer eigenständigen politischen Betätigung enthalten. Wir fordern die Rücknahme der gegen uns verhängten Reiseverbote. Erst die Durchsetzung der gleichen Rechte für alle und umfassende Erweiterung der Freizügigkeit für DDR-Bürger werden auch die Zahl der Auswanderer zurückgehen lassen und dazu beitragen, daß die Menschen gern in diesem Land leben.
Hochachtungsvoll, die Unterzeichner

Bärbel Bohley, Ralf Hirsch, Werner Fischer, Gerd Poppe, Ulrike Poppe, Wilfried Maaß, Rüdiger Rosenthal, Karin Teichert, Michael Bohley, Elisabeth Loof, Volker Hesse, Dr. Chr. Nattermann, Heiko Lietz, Bärbel Wege, Doris Malo, Dr. Frank Eigenfeld, Katrin Eigenfeld

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