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Zion 86 - Radio Glasnost_RHG_Fak_0014

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Schweres Geschütz gegen die Meinungsfreiheit: Mit zwölf Störsendern versucht die Stasi den Empfang der Sendereihe „Radio Glasnost – außer Kontrolle“ am 28. März 1988 in der DDR flächendeckend zu verhindern. Quelle: BStU, MfS, HA III, Nr. 494,...
Schweres Geschütz gegen die Meinungsfreiheit: Mit zwölf Störsendern versucht die Stasi den Empfang der Sendereihe „Radio Glasnost – außer Kontrolle“ am 28. März 1988 in der DDR flächendeckend zu verhindern. Quelle: BStU, MfS, HA III, Nr. 494, Bl. 82, Seite 1 von 3.


Abschrift:

Mit 12 Störsendern versucht die Staatssicherheit die Sendungen von Radio Glasnost flächendeckend zu stören.


Hauptabteilung III
Berlin, 28. März 1988



I n f o r m a t i o n

zu durchgeführten Maßnahmen gegen die Sendung „Radio Glasnost – außer Kontrolle“

Die übertragene Aufgabenstellung zur selektiven Störung der für den 28.3.1988 geplanten Sendung

„Radio Glasnost – außer Kontrolle“

wurde realisiert und führte zur wirksamen Beeinträchtigung des Empfangs der Ausstrahlung in der Hauptstadt der DDR und angrenzender Bezirke.

1. Zur Realisierung der Aufgabenstellung durchgeführte Maßnahmen

1.1.
Die gesamten Maßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung der selektiven Störung wurden als eine operative Aktion realisiert. Zur Gewährleistung der technischen Voraussetzungen erfolgte unter Einbeziehung der Partner des operativen Zusammenwirkens (POZW) die Konzentration von insgesamt 12 Störsendern aus den Beständen des MfS, des MfNV und des MPF in den Territorien Berlins und Potsdams sowie deren gedeckte Entfaltung.

Zur Gewährleistung der erforderlichen Geheimhaltung wurden in Zusammenarbeit mit den zuständigen operativen Diensteinheiten des MfS (HA I und HA XIX) bei den POZW entsprechende Maßnahmen eingeleitet.

1.2.
Zur Kontrolle der Wirksamkeit der selektiven Störung wurde auf dem Territorium der Hauptstadt der DDR ein flächendeckendes System von 50 Empfangsstützpunkten entfaltet.

Die Kontrolle der Wirksamkeit der Störmaßnahmen außerhalb Berlins wurde durch die Erfassungsstützpunkte der Linie III in den Bezirken Potsdam, Frankfurt/Oder, Cottbus, Neubrandenburg und Magdeburg gewährleistet.

1.3.
In Zusammenarbeit mit der HVA wurden im Operationsgebiet Westberlin inoffizielle Kräfte zur Festlegung eventueller Beeinträchtigungen des Empfangs der Sendung wirksam.

1.4.
In Vorbereitung auf die Störmaßnahmen wurden erfolgreich gezielte Informationsbeschaffungsmaßnahmen zur rechtzeitigen Aufklärung des konkreten Sendeinhaltes und der Programmgestaltung durchgeführt.


2. Verlauf und Wirksamkeit der Störmaßnahmen

2.1.
Die Ausstrahlung des Sendebeitrages „Radio Glasnost – außer Kontrolle“ durch den Westberliner Rundfunksender „Radio 100“ begann wie geplant am 28.3.1988, 21.04 Uhr auf der Frequenz 103,4 MHz und wurde um 22.00 Uhr beendet.

Die Sendestruktur wies im Vergleich zu vorangegangenen Sendungen keine wesentlichen Veränderungen auf und bestand aus der Kombination von Musik- und Textbeiträgen.
Inhaltlich waren diese Beiträge erneut auf die Verleumdung der DDR ausgerichtet und befaßten sich mit

- dem Verhältnis von Staat und Kirche in der DDR unter Bezugnahme auf das am 3.3.1988 durchgeführte Gespräch zwischen Genossen Honecker und Landesbischof Leich, die Ereignisse um die Sophienkirche am 6.3.1988 und Äußerungen des Altbischofs Krusche;
- der Problematik der Schwangerschaftsunterbrechung in der DDR und den Positionen klerikaler und Frauengruppen.

2.2.
Entsprechend der konkreten inhaltlichen Ausrichtung der Sendebeiträge wurden insgesamt 18 Minuten der Sendung gestört.

Die realisierten Störmaßnahmen wurden dabei vor allem auf folgende Sendebeiträge ausgerichtet:

- Darstellung der Ereignisse um die Sophienkirche, insbesondere die Angriffe gegen das Vorgehen der Sicherheitsorgane der DDR und der zuständigen örtlichen Staatsorgane;
- Verunglimpfung der Vorgehensweise der Sicherheits- und Justizorgane der DDR im Zusammenhang mit der Festnahme und Verurteilung der Person Lars Konrad in Dresden;
- Information über den gemeinsamen Appell von Friedensgruppen aus sozialistischen Staaten zur Anerkennung des Rechts auf Wehrdienstverweigerung;
- ausgewählte Veranstaltungshinweise in klerikalen Einrichtungen der DDR.

Die wörtliche Abschrift der ausgestrahlten Sendebeiträge einschließlich der Kennzeichnung der konkret gestörten Textpassagen befinden sich in der Anlage 1.

2.3.
Die durchgeführten Störmaßnahmen führten im gesamten Territorium der Hauptstadt der DDR und im Rahm Potsdam zur Beeinträchtigung des Empfangs der Aussendungen von „Radio Glasnost“. In den Stadtbezirken Prenzlauer Berg, Marzahn und Köpenick sowie in Potsdam-Stadt und Potsdam-Babelsberg waren die eingeleiteten Störmaßnahmen am wirkungsvollsten (Skizze siehe Anlage 2). Wirksame Beeinträchtigungen der Empfangsqualität waren teilweise auch in angrenzenden Bezirken zu verzeichnen (Skizze siehe Anlage 3).

Auswirkungen der Störmaßnahmen auf Westberlin konnten weitestgehend unterbunden werden.

3. Reaktionen auf die durchgeführten Maßnahmen

Aus Kreisen der Bevölkerung der DDR lagen bis zum 29.3.1988, 06.00 Uhr keine Reaktionen auf die Störmaßnahmen vor.

Aktivitäten von Kräften der Landespostdirektion Westberlin sowie des Funkkontroll- und Meßdienstes wurden während des Aktionszeitraumes nicht festgestellt.

Bemerkung: Ein ausführlicher Bericht über die realisierten Störmaßnahmen wird nach Eingang und Analyse aller Informationen erstellt.


Anlagen

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