Mehr als andere fühlen sich die Intellektuellen von der Ausbürgerungsaktion betroffen: Heute Biermann – morgen ein anderer Künstler, so denken sie. Stefan Heym befürchtet, dass sich „das Ausbürgern jetzt einbürgern“ wird und dass der Staat nun auf jede Kritik mit den härtesten Mitteln reagiert. Stephan Hermlin versucht zusammen mit Stefan Heym, das Parteiorgan Neues Deutschland zum Abdruck des Schreibens zu bewegen. Vergeblich. Nun sehen sich die Künstler gezwungen, den Brief in der Bundesrepublik zu veröffentlichen.
Jetzt schließen sich den öffentlichen Protesten immer mehr Prominente an. Die Parteiführung reagiert äußert nervös: Selbst die Kinder der Unterzeichner des Briefs werden von der Stasi überwacht. Durch „Gespräche“ und Strafandrohungen sollen einige der Künstler dazu bewogen werden, ihre Unterschriften zurückzuziehen. Wer das nicht tut, wird aus Partei und Schriftstellerverband ausgeschlossen – was einem Berufsverbot gleichkommt. Einige Unterzeichnende werden mit Auftritts- und Veröffentlichungsverboten belegt. Die Folge: Viele Prominente wie Manfred Krug oder Armin Mueller-Stahl verlassen sofort oder in den folgenden Jahren die DDR.
Die Verbreitung des Offenen Briefs wird aber auch von jungen, noch nicht so etablierten Künstler unterstützt, zum Beispiel vom Schriftsteller Jürgen Fuchs (25) und den Musikern Gerulf Pannach (28) und Christian Kunert (24), die schon seit einiger Zeit wegen ihrer kritischen Texte in der DDR Auftritts- und Publikationsverbot haben. Sie werden verhaftet und nach mehreren Monaten im Gefängnis in die Bundesrepublik abgeschoben. (Christian Kunert berichtet im Zeitzeugen-Video über seine Erlebnisse.) Die miserable Behandlung dieser jungen Künstler ruft sowohl im Westen als auch im Osten Deutschlands eine Welle der Solidarität hervor.
Zitierempfehlung: „Offener Brief prominenter Künstlerinnen und Künstler“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Dezember 2019, www.jugendopposition.de/145376